
Daniel Hagemeier, Sakhile Matlhare, Niquu Eyeta, Sopo Kashakashvili, Larry Bonćhaka, Nando Nkrumah, Jordan Awori, Aniela Idehen (vlnr)
Foto: Edda Rössler
Seit 2018 bereichert die Frankfurter Galerie Sakhile & Me das Kunstleben mit jungen, international vernetzten afrikanischen Positionen. Unter der Leitung von Sakhile Matlhare und Daniel Hagemeier präsentiert die aktuelle Gruppenausstellung sechs in Deutschland lebende Künstler mit afrikanischen Wurzeln. „Im Vordergrund steht nicht, afrikanische Kunst zu zeigen, sondern starke individuelle Positionen, die miteinander resonieren“, betont Hagemeier und benennt damit die geistige Klammer der Schau.
Der Titel „Hope Is the Thing with Feathers“, ein Vers aus Emily Dickinsons berühmtem Gedicht, verweist auf Hoffnung als ein stets bewegtes Phänomen. Hier erscheint sie als fragile, nahezu atmende Übergangsform, die zwischen Vergangenheit und Zukunft oszilliert. Der Ausstellungsparcours folgt dieser Idee und führt das Publikum durch ästhetische wie emotionale Zwischenräume.
Links eröffnen die leuchtenden Malereien von Aniela Idehen den Rundgang. Ihre expressiven Acrylarbeiten, farbintensiv und kraftvoll, erinnern an den europäischen Expressionismus, doch ihre Ikonografie entstammt einer panafrikanischen Imagination. In „Checkmate for Borders“ kniet eine Figur vor einem Schachbrett und scheint über die eigenen Möglichkeiten, Grenzen und Entscheidungen zu meditieren. Sterne, Mondlicht und die Farben der panafrikanischen Flagge verdichten die Szene zu einem Nachdenken über Positionierung im wörtlichen wie symbolischen Sinn. Hagemeier beschreibt die Werke als „farbintensiv und zugleich zutiefst politisch“, denn Idehen verbindet persönliche Reflexionen mit radikalem Black Thought.
Weiter rechts öffnen die Fotocollagen von Jordan Rita Seruya Awori ein gänzlich anderes Register. Zerschnittene Familienfotografien schweben vor schwarzem Hintergrund wie fragile Archipelen der Erinnerung. Awori untersucht die Migration ihrer Mutter und die eigenen Erfahrungen des Ankommens. Beim Durchblättern alter Alben habe die Künstlerin, so Hagemeier, „plötzlich ihre Mutter als junge Frau gesehen und sich selbst darin wiedergefunden“. In den Collagen verbinden sich Generationen, und zugleich wird deutlich, wie präzise sich Erinnerung in Blicke, Gesten und Körperhaltungen einschreibt.
Es folgen die figurativen Malereien von Nando Nkrumah. Seine warm glühenden Bildkörper erzählen von familiärer Bindung und spiritueller Kontinuität. Die Geschichte seiner Großmutter, die nach dem Tod der Mutter des Künstlers die Kinder als eigene aufzog, wird zu einem bewegenden Sinnbild gelebter Fürsorge. Nkrumahs Arbeiten verwandeln private Erinnerung in eine ruhige, zugleich eindringliche Reflexion über Mut und Verantwortung. Hoffnung zeigt sich hier nicht als optimistische Geste, sondern als Entscheidung für das Fortführen und Bewahren.
Von dort aus öffnet sich der Raum zu den poetischen Textilarbeiten von Niquu Eyeta. Die Künstlerin kocht Pflanzenpigmente aus, färbt Stoffschichten und arbeitet mit Zufall und Sedimentation. Ihre Materialien tragen Spuren, die sich beim Färben fast wie von selbst in den Stoff einschreiben. Es entstehen textile Landschaften, in denen Figuren nur halb sichtbar werden, sich lösen und wieder andeuten. Die beigefügten Keramikschalen mit Pflanzenresten wirken wie stille Protokolle eines Prozesses, der zugleich haptisch und meditativ ist.
Im Eingangsraum schließlich verweist die große gelbe Flagge des Duos Larry Bončhaka und Sopo Kashakashvili auf den Ursprung des Ausstellungstitels. In Ghana Teil performativer Aktionen, steht sie hier still und entfaltet eine fast kontemplative Kraft. Ihr ruhender Zustand wirkt wie ein Atemholen vor einem neuen Aufbruch. Hoffnung erscheint als gespannte Aufmerksamkeit, als Bereitschaft, den nächsten Schritt zu wagen.
„Unsere Ausstellungen sollen Räume eröffnen, in denen man sich traut, langsamer zu sehen und in die Tiefe zu gehen“, formuliert die Galerie. Genau in dieser Achtsamkeit entfaltet sich das leise Federkleid der Hoffnung.
Am Mittwoch, 10. Dezember, lädt die Galerie ein, die Künstler von 17 bis 20 Uhr persönlich kennenzulernen.
Die Ausstellung „„Hope Is the Thing with Feathers“ ist noch bis zum 24. Dezember 2025 geöffnet. Weitere Informationen unter www.sakhileandme.com
Text und Foto von Edda Rössler
Veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse am 10. Dezember 2025
