
Foto: Edda Rössler
Seit zwei Jahrzehnten begleitet die Galerie Hübner & Hübner den britischen Maler James Lloyd, der zu den eigenständigsten Realisten seiner Generation zählt. Die Ausstellung „Two Decades“ zeigt nun 20 Ölgemälde, darunter Interieurs, Stillleben und Porträts. Zugleich erzählt sie von einer seltenen künstlerischen Partnerschaft, die mit einer zufälligen Begegnung begann und in Frankfurt eine stille, präzise malerische Welt entfaltet.
James Lloyd gehört zu jenen Malern, die das Leise kultivieren. Seit zwanzig Jahren verbindet ihn mit der Frankfurter Galerie Hübner & Hübner eine ungewöhnlich stabile Beziehung, die sich fern aller kunstbetrieblichen Hast entwickelte. Ihren Anfang nahm sie nach einer großen Malerei-Ausstellung, als Künstler und Galeristen spätabends in der Hotelbar ins Gespräch kamen. Man diskutierte über die Eigenständigkeit figurativer Malerei, über die Würde eines unaufgeregten Blicks und über die Frage, wie ein Bild jenseits aller Erwartungen bestehen kann. Aus dieser flüchtigen Begegnung wurde rasch ein tragfähiges Bündnis. Bald darauf reisten die Galeristen eigens nach London, um sich von Lloyd porträtieren zu lassen – ein Vertrauensbeweis, wie er im Kunstbetrieb selten geworden ist, und der den Ton dieser langen Zusammenarbeit bis heute prägt.
Mit „Two Decades“ präsentiert die Galerie nun eine konzentrierte Auswahl aus zwanzig Jahren. Herzstück der Schau ist ein still vibrierendes Interieur: ein Raum-im-Raum-Bild, in dem der Maler über eine Spiegelung selbst erscheint. „Es ist eines meiner liebsten Werke, weil Innen und Außen so selbstverständlich ineinandergreifen“, sagt er. Ein rötlicher Teppich, ein achtlos lehnender Spiegel, das matte Licht aus dem Atelierfenster, Lloyd formt aus banalen Dingen ein Bild von unaufdringlicher Poesie. Nichts daran strebt nach Bedeutung, doch alles besitzt Gewicht.
Lloyds Realismus ist frei von jeder Überwältigungsabsicht. Er arbeitet aus einer Haltung der geduldigen Genauigkeit heraus. „Ich möchte ein gutes Bild machen, nicht ein gefälliges“, betont er. „Viele wollen bie Porträts lächeln oder ‚gut aussehen‘. Wichtiger ist, dass man ihre Persönlichkeit spürt“. Diese Haltung prägt auch seine bedeutendsten Porträtaufträge. Lloyd malte Queen Elizabeth II., ebenso König Charles und Gemahlin Camilla, noch bevor das Königspaar seine heutige Rolle einnahm. Auffällig ist dabei stets seine Zurückhaltung: Statt königlicher Repräsentation setzt Lloyd auf Klarheit, Ruhe, eine behutsame Präsenz. Man spürt die britische Tradition des Porträts, von Reynolds über Reynolds über Gainsborough bis Sargent, doch Lloyd befreit sie von jeder Pose.
Sechs Stunden täglich verbringt er im Atelier, manchmal mehr. „Mich interessiert der Akt des Malens, nicht das Studio selbst“, sagt er. Dass die Atelierräume in dieser Ausstellung dennoch zu Protagonisten werden, ist eine feine Ironie. Sie bilden das Gefäß, in dem Lloyds Konzentration sichtbar wird: Räume des Lichts, der Verlangsamung, der Präsenz.
Neben diesen Interieurs treten Stillleben und Szenen aus dem Unterrichtsalltag. Lloyds Lilien, in delikaten Rosatönen, die von innen heraus zu leuchten scheinen, behaupten ihre Zerbrechlichkeit mit Würde. Die Darstellung eines Portraitzirkels wiederum zeigt, wie souverän er Gruppen im Bild ordnet, ohne die Beweglichkeit des Moments zu glätten. Alles hält die Balance zwischen beiläufig und präzise.
Frankfurt ist Lloyd in den letzten Jahren vertraut geworden. „Wir gehen am Fluss spazieren, besuchen Museen. Ich bin gern hier“, sagt er. Vielleicht erklärt diese Vertrautheit die Geschlossenheit der Schau. „Two Decades“ wirkt weniger wie ein Rückblick eher als eine Verdichtung eines Werkes, das unbeirrt seinen Weg geht.
Lloyds Malerei ist eine Kunst der Aufmerksamkeit. In Frankfurt wird sie nun in ihrer ganzen ruhigen, ernsthaften Intensität sichtbar und bestätigt, warum James Lloyd längst zu den markantesten figurativen Malern seiner Generation zählt.
Veröffentlicht am 28.11.2025 in Frankfurter Neue Presse
Text und Foto Edda Rössler
