Ein Bild sind viele Bilder – Der Maler Thomas Nolden lässt tief blicken

Text und Fotos von Edda Rössler

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse am 10. März 2020

Die im Westend gelegene Galerie Hübner & Hübner präsentiert sechs großformatige Ölgemälde des Kölner Künstlers Thomas Nolden. Sind allein schon die Werke, die in einer faszinierenden Weise den Blick auf irrlichternde Figuren im Bildraum freigeben, ein Ereignis, ist doch der eigentliche Anlass der Werkschau sein soeben erschienenes Buch „Ein Bild sind viele Bilder“. Thomas Nolden hat darin die Entstehung seiner Ölgemälde „Verbindung“ und „Erwartung“ festgehalten und lädt den Betrachter ein, am schöpferischen Prozess teilzuhaben.

Galerist Ernst Hübner war von der Idee, Einblick in die Entstehung der Kunstwerke zu geben, rasch angetan. Auch für ihn tritt jetzt Verblüffendes zutage. „Noch immer bin ich von der Spontaneität beeindruckt, mit der der Künstler selbst bei großen Formaten mit einem langen Entstehungsprozess arbeitet“.

Noldens intuitive und unmittelbare Arbeitsweise führt in ein großes Abenteuerland, jede einzelne Station fesselt und bildet doch nur einen Übergang. „Ich will Bilder loswerden, um zu wissen, mit welchen Bildern ich mich beschäftigen will.“ Bei dieser intensiven Auseinandersetzung geht es um Ernsthaftigkeit und um das höchstmögliche Ausloten, wie weit man mit den Mitteln der Malerei gehen kann, ohne Klischees zu bedienen. 

Fahrkarte in das Maleruniversum

Jeweils zwölf Fotos laden den Betrachter auf eine grandiose Odyssee in den Malerkosmos ein. Anfangs kann man noch von einer gemäßigten Tonlage sprechen. Sie ist geprägt von einer leuchtenden Farbigkeit als Grundmelodie und wird von kreisenden Pinselstrichen begleitet, die einen moderaten Rhythmus andeuten. Doch dann folgen Schlag auf Schlag rauschhafte Stationen. Dieser Maler schenkt sich und dem Betrachter nichts. Urplötzlich springen Figuren ins Bild, die in einem soghaften Urstrudel rotieren und in weiteren Bildern wie Astronauten durch das Weltall wirbeln. Dem Kreieren von Figur folgt das Zerstören, bis sie dann wieder in einem neuen Kontext auftauchen.

Doch auch ohne Bildband beeindrucken die Werke, die die Galeriewände bespielen. Wie etwa das Ölgemälde „Die Erwartung“. Seine Figuren kreisen in magischen Bahnen, angezogen und abgestoßen von einem imaginären Magneten. Nahezu religiös mutet diese Darstellung an und es drängen sich Assoziationen zu Vesperbildern auf. Treten die Figuren in unsere Welt ein oder entfernen sie sich, fragen wir. „Asche zu Asche, Staub zu Staub“, sagt die Bibel. Thomas Nolden antwortet: „Das Bild hat mich überholt und jetzt ist Schluss.“

Weitere Informationen:

Thomas Nolden – Ein Bild sind viele Bilder Texte: Wibke von Bonin und Wolfgang Ullrich, DISTANZ Verlag, Berlin, März 2020, Leporello, 24 Seiten, 22

ISBN 978-3-95476-308-5

www.galerie-huebner.de