Mehr als eine Bohne

Kaffee trifft Lebensart: Das Team der Frankfurter Kaffeerösterei in der Kleinmarkthalle bietet mehr als Espresso. Hier gibt’s auch Spritz, Scones und Soul. Foto: Edda Rössler
Kaffee trifft Lebensart: Das Team der Frankfurter Kaffeerösterei in der Kleinmarkthalle bietet mehr als Espresso. Hier gibt’s auch Spritz, Scones und Soul.
Foto: Edda Rössler

Peter Gerigk ist Röstmeister, Kaufmann und Frankfurter durch und durch. Sein Stand in der Kleinmarkthalle ist längst Kult.

Wenn die Stadt noch in den ersten Kaffee gähnt, steht Peter Gerigk samstags schon in seinem. Der Stand der Frankfurter Kaffeerösterei in der Kleinmarkthalle, orangefarben eingerahmt, duftet weit über den Gang hinaus. Die einen holen sich einen Espresso, andere gleich ein Pfund. Wer sich mit Gerigk unterhält, merkt schnell: Hier verkauft keiner einfach Kaffee, hier lebt jemand, wofür er steht.

Frankfurter Bohnen mit Profil: Kaffeeguru Peter Gerigk präsentiert die Neu-Kreation „Espresso Nizza“. Foto: Edda Rössler
Frankfurter Bohnen mit Profil: Kaffeeguru Peter Gerigk präsentiert die Neu-Kreation „Espresso Nizza“.
Foto: Edda Rössler

„Ich wollte dahin, wo Frankfurt atmet“, sagt der Unternehmer. Er entdeckte 2007 zufällig eine Zeitungsannonce des Hallenbetreibers, der eine Freifläche anbot, und war als Markthallenfan begeistert. Doch zunächst war seine Frau skeptisch. „Du hast eine Firma mit zwanzig Leuten, was willst du in der Markthalle?“, habe sie gesagt. Gerigk lacht. Heute steht sie hinter der Entscheidung.
Denn der Stand wurde nicht nur innerhalb kurzer Zeit angenommen, er wurde zu Institution. „Das hier ist mein Schaufenster in die Stadt. Direkt und ungefiltert.“ Das kommt an. Viele Stammkunden beginnen ihren Arbeitstag mit einem Espresso oder verabreden sich tagsüber auf einen Cappuccino. Promis, Banker, Kreative, die Liste der Stammgäste ist lang. „Es gibt Tage, da hat man acht, neun Frankfurter Namen nacheinander am Tresen stehen. Ich sag immer: Wer hier Kaffee holt, ist angekommen.“
Dass es überhaupt so kam, verdankt er auch einem Erlebnis in jungen Jahren. „Ich war 18, habe im Lebensmittelgroßhandel gearbeitet. Da kam der Frankfurter Kaffeeröster Wismöller rein.“ Er öffnete eine Dose frisch gerösteten Kaffees. „Dieser Duft, das hat sich eingebrannt.“ Jahre später erinnerte er sich daran, als es darum ging, sich beruflich neu auszurichten. Die Faszination für das Produkt war geblieben. „Kaffee war für mich mehr als nur ein Getränk. Das ist Handwerk, Geschichte, Herkunft.“

Handwerk auf Augenhöhe: Sortenreine Spezialitäten, sorgfältig geröstet in Kalbach. Die „Frankfurter Kaffeerösterei“ macht Herkunft sichtbar und Geschmack erlebbar. Foto: Edda Rössler
Handwerk auf Augenhöhe: Sortenreine Spezialitäten, sorgfältig geröstet in Kalbach. Die „Frankfurter Kaffeerösterei“ macht Herkunft sichtbar und Geschmack erlebbar.
Foto: Edda Rössler

Heute betreibt Gerigk neben dem Stand in der Kleinmarkthalle eine Rösterei samt Verwaltungssitz in Frankfurt-Kalbach. Dort arbeiten 24 Mitarbeiter. Das Kerngeschäft ist der Vertrieb der hauseigenen hochwertiger Kaffees an gehobenen Lebensmittelhandel mit Fokus auf Qualität und Nachhaltigkeit, Gastronomie, Hotellerie und Büros in ganz Deutschland. Gerigk reist regelmäßig in Anbaugebiete und lässt sich von dort Kaffeeproben schicken „Ich kaufe direkt bei Kooperativen, die ich persönlich kenne, und das zu fairen Preisen. Das ist für mich nicht verhandelbar.“
Die Bohnen werden in Kalbach sortenrein und schonend geröstet. Im Anschluss werden die Chargen auch zu Blends gemischt. Seine Röstphilosophie: Zeit, Temperatur, Respekt. „Jede Bohne hat ein Eigenleben. Ich versuche, das Beste aus ihr herauszuholen, sie nicht zu bändigen.“ Heraus kommen Single- und Blend-Kaffees mit Charakter und originellen Namen wie „Bärenherz“ „Frankfurter Böhnsche“ oder eben „Nizza Bio“. Die neueste Espresso-Kreation, bei der das beliebte Mainufer Pate stand, schmecke „stark, voll, aber weich im Abgang“.
Trotz wachsendem Erfolg bleibt er bescheiden. Kein großes Marketing, keine Lautstärke. „Ich mach’s wie die Hall’, unaufgeregt und verlässlich.“ Die Kleinmarkthalle ist nach wie vor für ihn ein besonderer Ort. „Hier begegnet man allen Schichten. Wer hier verkauft, bekommt echtes Feedback.“ Kritik, Lob, Wünsche, alles direkt, ohne Filter. „Das hat mich geprägt.“
Gegen Mittag stehen wieder sechs, sieben Menschen in der Schlange. Ein älterer Herr trinkt seinen Espresso in drei kleinen Schlucken, schaut zufrieden. „Solche Momente machen mich glücklich“, sagt Gerigk. Dann wendet er sich dem nächsten Kunden zu, freundlich und fokussiert.
Was macht Peter Gerigk für Frankfurt so besonders? Er zeigt, wie man mit Haltung, Handwerk und einer guten Tasse Kaffee eine ganze Stadt wachhalten kann.

Kaffee mit Kultfaktor. Frankfurter Röstmeister Peter Gerigk vor seinem Stand in der Kleinmarkthalle, an dem sich „die Stadt“ ein Stelldichein gibt. Darunter auch die ehemalige Stadträtin und Dezernentin für Klima, Umwelt und Frauen, Rosemarie Heilig. „Den besten Cappuccino? Gibt’s nur hier“, sagt sie. Foto: Edda Rössler
Kaffee mit Kultfaktor. Frankfurter Röstmeister Peter Gerigk vor seinem Stand in der Kleinmarkthalle, an dem sich „die Stadt“ ein Stelldichein gibt. Darunter auch die ehemalige Stadträtin und Dezernentin für Klima, Umwelt und Frauen, Rosemarie Heilig. „Den besten Cappuccino? Gibt’s nur hier“, sagt sie.
Foto: Edda Rössler

Zur Person
Peter Gerigk, Jahrgang 1962, geboren in Frankfurt, ist Gründer und Geschäftsführer der Frankfurter Kaffeerösterei, einem mittelständischen Kaffeebetriebs mit Sitz in Kalbach. Seine Spezialität sind direkt gehandelte, sortenreine Rohkaffees aus nachhaltigem Anbau. Seit 2007 betreibt er einen Stand in der Frankfurter Kleinmarkthalle, der sich zu einem beliebten Treffpunkt für Kaffeeliebhaber entwickelt hat.
Weitere Informationen auch online unter frankfurter-kaffeeroesterei.de

Ein Herzstück Frankfurts: Die Kleinmarkthalle
Mitten in der Innenstadt schlägt das kulinarische Herz Frankfurts, in der Kleinmarkthalle an der Hasengasse. Seit den 1950er Jahren versorgt sie die Stadt mit frischen Lebensmitteln, internationalen Spezialitäten und regionalen Delikatessen. Rund 60 Händler bieten auf zwei Etagen und an die 1.500 Quadratmeter Obst, Gemüse, Fleisch, Käse, Gewürze, Brot und Blumen an. Viele von ihnen sind Familienbetriebe und bereits seit mehreren Generationen vertreten.
Was früher vor allem als Marktplatz für den Wocheneinkauf diente, wandelte sich in einen beliebten Treffpunkt für Genießer. An Stehtischen und Theken trifft sich die Stadt: Banker, Künstler, Touristen, Alt-Frankfurter. Die Kleinmarkthalle ist mehr als ein Markt, sie signalisiert Identität und Tradition. Wie kaum ein anderer Ort verbindet sie Frankfurter Gemütlichkeit mit Weltläufigkeit.
Weitere Informationen unter www.kleinmarkthalle.de

Wichtige Kaffee-Sorten
Arabica und Robusta sind die wichtigsten Kaffeesorten weltweit. Arabica gilt als aromatischer und wird vor allem in Hochlagen angebaut, etwa in Äthiopien, Kolumbien, Brasilien oder Guatemala. Robusta wächst in niedrigeren Lagen, vor allem in Vietnam, Uganda und Indien, und enthält mehr Koffein. Seit 2021 sind die Kaffeepreise stark gestiegen. Gründe sind Klimakrisen in Anbauländern sowie gestiegene Produktions-, Transport- und Lagerkosten. Auch Spekulation an Rohstoffbörsen treibt die Preise.

Text und Fotos von Edda Rössler
Veröffentlicht am 18. Juni 2025 in Frankfurter Neue Presse