„The Female Gaze“ – Kunst mit weiblichem Blick- 12 Künstlerinnen räumen in Die Galerie mit Klischees auf

Unterscheidet sich weibliche Kunst von der ihrer männlichen Kollegen? Eine mögliche Antwort, falls sie existiert, findet der Besucher in der aktuellen Ausstellung „The Female Gaze“ in der Frankfurter Galerie von Peter Femfert.

Die Eröffnungsrede zur Vernissage von „The Female Gaze“ hielt passenderweise die TV-Journalistin und begeisterte Kunstsammlerin Petra Gerster. „Ich beschäftige mich mein ganzes Leben schon mit Frauenfragen“, sagt sie. (v.l.) Chunqing Huang, Petra Gerster, Peter Femfert, Lita Cabellut, Cathalijn Wouters, Beate Debus, Monika Linhard, Ann-Christine Woehrl Foto: Edda Rössler
Die Eröffnungsrede zur Vernissage von „The Female Gaze“ hielt passenderweise die TV-Journalistin und begeisterte Kunstsammlerin Petra Gerster. „Ich beschäftige mich mein ganzes Leben schon mit Frauenfragen“, sagt sie.
(v.l.) Chunqing Huang, Petra Gerster, Peter Femfert, Lita Cabellut, Cathalijn Wouters, Beate Debus, Monika Linhard, Ann-Christine Woehrl
Foto: Edda Rössler

Die internationale Werkschau präsentiert geballte Frauenpower, Skulpturen von Beate Debus und Sonja Edle von Hoeßle, eine Installation von Monika Linhard, Fotografien von Ann-Christine Woehrl sowie Malereien und Zeichnungen von Rissa, Chunqing Huang, Kim Du Rye, Lita Cabellut, Cathalijn Wouters, Regina Götz, Amy Ernst und Leonor Fini. All diese Künstlerinnen stehen für höchst unterschiedliche Kunststile und Generationen, was sie eint, ist ihr Erfolg im Kunstbetrieb.

Die Inspiration zur Ausstellung stammt von „unseren jungen Kunsthistorikerinnen“, informiert der Galerist, allen voran von der Ausstellungskuratorin Corinna Becker. Peter Femfert selbst sieht allerdings keine Unterschiede darin, ob ein Werk von einer Frau oder einem Mann kreiert wurde: „Ein Künstler ist ein Künstler.“

Eines wird auf den ersten Blick deutlich, wenn man durch die hochkarätige und vielseitige Ausstellung schlendert, die sich über zwei Etagen erstreckt. Die selbstbewussten Künstlerinnen überzeugen mit starken Positionen und sind im gesamten Spektrum der Bildenden Kunst zuhause.

Vereint mit ihrer Videoinstallation: Die Künstlerin Monika Linhard Foto: Edda Rössler
Vereint mit ihrer Videoinstallation: Die Künstlerin Monika Linhard
Foto: Edda Rössler

Wie etwa die in Bad Kissingen geborene Künstlerin Monika Linhard (1974). Sie äußert sich auf Nachfrage zur weiblichen Sicht in der Kunst vorsichtig. Letztendlich sei es vielleicht die stärkere Betonung des Atmosphärischen, die Frauen in ihrer Kunst adäquater zum Ausdruck bringen, vermutet sie.

Ihre Installation „Double Square II“ ist ein Magnet der Ausstellung. Die kinetische Rauminstallation mit Videoprojektion und Audio-Elementen appelliert an alle Sinne. Vor einer Großaufnahme, einem Farbfoto eines Waldrands, befestigte sie Aluminiumlamellen, die sanft, wie von einer Brise imaginären Winds in Bewegung gesetzt, wippen Es klappert und klirrt, viele zarte Töne, die der Künstlerin wichtig sind, denn sie verleihen Atmosphäre. Wir sind der Natur nahe, spüren den Atemzug und die Verheißung, aber bleiben dennoch getrennt. Wie in der romantischen Naturannäherung Caspar David Friedrich „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ steht der Betrachter mit dem Rücken zum Naturgeschehen. Konnte aber Friedrichs Wanderer noch in die Kluften der Kreidefelsen zum Meer eintauchen, sobald sich der Nebel verzogen hatte, bietet sich dem Zeitgenossen diese Gelegenheit nicht mehr.

Streetart begegnet Klassik: Malerin Lita Cabellut Foto: Edda Rössler
Streetart begegnet Klassik: Malerin Lita Cabellut
Foto: Edda Rössler

Radikal agiert die temperamentvolle spanische Künstlerin Lita Cabellut (1961), die Methoden der Streetart mit klassischer Malerei verbindet. Spraydose und Pinsel gehen hier Hand in Hand. Cabellut legt Leinwände übereinander, bearbeitet sie mit gezielten Schnitten, um weiteren Bildwelten Ausdruck zu verleihen. Das wirkt frisch und originell.

Chunqing Huang bringt Grün auf Weiß Foto: Edda Rössler
Chunqing Huang bringt Grün auf Weiß
Foto: Edda Rössler

Die in China geborene Malerin Chunging Huang (1974) ist mit ihren Werken an vielen Orten in Frankfurt vertreten. Nach dem Kunststudium in Peking entschied sie sich für eine weitere Ausbildung an der Städelschule und wurde Meisterschülerin von Hermann Nitsch. Ihre abstrakten Werke, die sie oft in Serie fertigt, thematisieren Bewegung und Rhythmus und laden zur Meditation ein.

Zeichnet in Herrenschuhen: Catalijn Wouters Foto: Edda Rössler
Zeichnet in Herrenschuhen: Catalijn Wouters
Foto: Edda Rössler

Imposant und spielerisch zugleich kommen die oft großformatigen Werke der Niederländerin Cathaljjn Wouters (1955) daher. Schwungvolle Linien, die Figuration andeuten, führen in zumeist pastellfarbene Welten ein. Die Anlehnung an männliche Kollegen wie Henri Matisse und Pablo Picasso liegen auf der Hand, dennoch ist ihr eigener, lässiger Stil deutlich. So als habe sie bei den Meistern des Faches lesen gelernt, aber ihre Geschichten schreibt sie selbst.

Anders als bei jüngeren Künstler-Kolleginnen spielt bei ihr das Thema Emanzipation noch eine wichtige Rolle. Erst allmählich befreite sie sich aus einem traditionellen Rollenbild, informiert sie. Inspiriert von dem Song „A woman like a man“ von Damian Rice habe sie sich Herrenschuhe gekauft, um beim Zeichnen ihre „männliche Seite“ zum Vorschein zu bringen. Heute zeichne sie zwar immer noch in handgemachten Ballettschuhen für Männer, aber „es ist mein weiblicher Blick, der mich von innen nach außen führt.“

Die Spurensuche nach dem „Female Gaze“ sei ausdrücklich empfohlen. Die Ausstellung ist noch bis zum 11. September geöffnet.

Weitere Informationen unter www.die-galerie.com

Text und Fotos von Edda Rössler
Veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse am 31. Juli 2024