
Foto: Edda Rössler
Von Polen nach Frankfurt, von der Dunkelkammer zur Ausstellung. Die temperamentvolle Fotografin Barbara Walzer porträtiert mit Empathie und einer Kamera, die mehr sieht als nur Gesichter. Ihre neue Ausstellung im Frankfurter Presseclub ist ein Fest der Gesten.
Wenn Barbara Walzer fotografiert, dann geht es nicht um Schnappschüsse. Es geht ums Wesentliche. Um das, was zwischen Stirnrunzeln und Handbewegung sichtbar wird. Ihre Porträts haben einen eigenen Takt, mal leise wie ein Flüstern, mal pulsierend wie ein Tusch. Jetzt zeigt der Frankfurter Presseclub mit 28 Fotos eine Auswahl ihrer Arbeiten unter dem Titel „Lasst Hände sprechen“. Und tatsächlich: Es sind oft die Hände, die Walzer in Szene setzt, als wortlose Erzählerinnen.
„Ich habe Menschen fotografiert, die mich faszinieren. Die mir Impulse gegeben haben und mich irgendwie in den Bann gezogen haben“, sagt Walzer. Die Ausstellung versammelt bekannte Köpfe wie etwa Deniz Yücel, Iris Berben, Max Hollein, Mike Josef, Bascha Mika oder Barbara Klemm. Die Persönlichkeiten aus Kultur, Medien und Politik wirken in Frankfurt oder Walzer erlebte sie bei Auftritten „auf der Frankfurter Bühne“. Manche kennt sie seit Jahren. Andere sind ihr erst kürzlich oder auch nur kurz begegnet. Aber allen gemein ist: Sie erzählen etwas mit ihrer Haltung. Und Barbara Walzer hört ihnen mit der Kamera zu.

Foto: Edda Rössler
Sie arbeitet mit offener Blende, reduziert den Hintergrund, rückt die Menschen ins Zentrum. „Das ist Arbeit“, sagt sie, „das Motiv muss für sich sprechen. Alles andere wird zur Kulisse.“ Dabei folgt sie nicht stur der Fotografielehre: „Es gibt Regeln, aber manchmal ist es gut, gegen sie zu arbeiten.“ Ihre Kompositionen sind durchdacht, aber nie starr. Es geht ihr um Leben im Bild, um die kleine Spannung im Augenblick.
Geboren wurde Barbara Walzer im polnischen Ryki, rund hundert Kilometer von Warschau entfernt. Ihre künstlerische Neugier wurde früh durch Opern, Konzerte, Theaterbesuche mit den Eltern geweckt. Mit Anfang zwanzig landet sie durch Zufall in einem Fotoatelier. „Da drückte mir jemand die Kamera in die Hand, und ich wusste: Das ist mein Weg.“ Es folgen Ausstellungen in Polen, Dunkelkammern in Schulen, schließlich der Umzug nach Deutschland.
Nach Frankfurt kam sie in den Neunzigern, zunächst als Erzieherin, dann als freie Fotografin. Seit 2012 arbeitet sie regelmäßig für das Institut für Stadtgeschichte. „Ich bin ein unruhiger Geist“, sagt sie lachend. „Ich will mich immer wieder begeistern können.“ Und das gelingt ihr: Mit Neugier, Ausdauer und einem Gespür für die feinen Zwischentöne. Auch in der Frankfurter Kunstszene ist sie willkommener Gast und fotografiert unermüdlich Ausstellungsmacher, Künstler und Kunstwerke.

Foto: Barbara Walzer

Foto: Barbara Walzer
Walzers Blick ist zärtlich, aber nicht gefällig. Sie zeigt Menschen nicht in ihrer Rolle, sondern in ihrem Menschsein. „Mir ist wichtig, authentisch und integer zu sein. Nicht von Äußerlichkeiten beeinflusst“, sagt sie. Vielleicht ist es dieser innere Kompass, der ihre Fotografien so besonders macht. Sie sind nahbar und würdevoll zugleich.
Die aktuelle Ausstellung im Frankfurter Presseclub, die sich auch auf Gasträume des benachbarten Restaurants „Herr Franz“ erstreckt, ist nicht ihre erste dort. Schon vor zehn Jahren stellte sie Porträts von Menschen aus, damals von Obdachlosen. Damals wie heute geht es ihr um Sichtbarkeit. Und darum, dass sich Lebensgeschichten im Gesicht widerspiegeln dürfen. Seit über dreißig Jahren lebt sie in Frankfurt und dennoch ist ihre Heimat in Polen nie ganz verschwunden. „Ich habe zwei Heimaten“, sagt sie, „und beide gehören zu mir.“ Vielleicht ist es genau dieses Dazwischen, das ihren Bildern Tiefe verleiht. Ein leiser Akzent, ein Hauch Melancholie, aber immer voller Wärme.
„Lasst Hände sprechen“, 28 Porträts prominenter Persönlichkeiten, ist noch bis Ende des Jahres Frankfurter Presseclub zu sehen. Wer hingeht, sieht mehr als Gesichter. Man sieht: wie ein Mensch hinsieht.
Öffnungszeiten und weitere Informationen unter frankfurterpresseclub.de
Text und Foto von Edda Rössler
Veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse am 23.6.2025