Text und Fotos von Edda Rössler
veröffentlicht am 6. Juni 2019 in der Frankfurter Neuen Presse
Warme Temperaturen wecken den Wunsch nach Abkühlung. Das muss ja nicht immer der Besuch im Schwimmbad sein. Kühles Nass und Erfrischung gibt es auch in der Fahrgasse 5. Dort präsentiert die Galeristin Brigitte Maurer 12 großformatige Acrylgemälde der Aachener Künstlerin Sigrid von Lintig. Alle Kunstwerke zeigen „Schwimmer“, Personen, die die Schwerkraft der Erde verlassen und in Wasserwelten eintauchen.
Wir finden, das Timing der Ausstellung passt und sprechen mit der Galeristin, die seit 2006 mit ihrer Galerie in der Frankfurter Innenstadt vertreten ist. Die distinguiert-freundliche Dame – sie reicht zum Gespräch Milchkaffee und „gesunde“ Erdbeeren – ist selbst Fan der Künstlerin. „Das ist bereits ihre zweite Ausstellung in meiner Galerie und mich begeistert ihre Entwicklung.“ Typisch für die 1965 in Duisburg geborene von Lintig, die Grafikdesign in Aachen und Freie Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie studierte, sei es, in Zyklen zu arbeiten. Nach Stillleben und Türmen folgt jetzt die Darstellung von Menschen, die ins Wasser abtauchen. „Sie ist selbst begeisterte Schwimmerin und geht jeden Tag ins Aachener Hallenbad schwimmen“, erfahren wir zur Motivwahl.
Aufbruch ins Unbekannte
Schwimmen ist ein zielgerichteter Prozess, bei dem wir die gewohnte Schwerkraft verlassen und in eine neue Materie eintauchen. Was in diesen Sekunden des Eintauchens passiert, davon berichten die Bilder. Dabei überlässt die Künstlerin nichts dem Zufall. Sie instruiert ihre „Modelle“. Wie ein Filmregisseur gibt sie ihnen detailliert vor, wie und in welcher Pose sie ins Wasser springen sollen. Dazu gehört auch die Wahl der Kostüme. Da kommt es dann schon einmal vor, dass der Anwalt in Anwaltskleidung springt. Lintig hält die beim Abtauchen entstehenden Prozesse in vielen Schnappschüssen fest und erarbeitet eine Quintessenz. So ist das spätere Gemälde, dessen Titel den Namen des jeweiligen Schwimmers trägt, nicht fotorealistisch und keine bloße Darstellung des Gesehenen, sondern ein künstlerisches Konstrukt. Ihre Sicht formt sie in vielen, hauchdünnen und behutsam übereinander aufgetragenen Farbschichten und setzt Acryl und Pigmente auf die Leinwand. Dabei entstehen fragmentierte, in hohem Maße abstrahierte Körper, die eine wabernde Wassermasse umschließt. Ihr Personal ist weltabgewandt, aber noch nicht eins mit der Wasserwelt. So gleichen die Schwimmer Raumfahrern, die sich von der Erde lossagten, aber noch nicht im Weltall zuhause sind.
Spannende Galeriegespräche
Brigitte Maurer teilt ihr Wissen gerne. „Wir Galeristen suchen das Gespräch, nicht in erster Linie den Käufer. Bei uns spricht man über Kunst aus erster Hand. Im Unterschied zum Museum ist der Eintritt noch dazu kostenfrei.“ Dass sie zum Austausch über Kunst eine berufene Expertin ist, beweist auch ihr Lebenslauf. Die ausgebildete Lehrerin (Romanistik und Kunstgeschichte) sagte der Schule schon bald Ade. „Das frühe Aufstehen gefiel mir nicht.“ Sie suchte Abenteuer und die fand sie in der Kunst. „Viel Idealismus und wahre Kunstbegeisterung“, das sei ihr Rüstzeug für die Leitung der Galerie. Davon profitieren über 20 Künstler, die sie seit vielen Jahren erfolgreich vertritt.
Informationen:
Galerie Maurer
Fahrgasse 5
60311 Frankfurt am Main
Aktuelle Ausstellung „Schwimmer“ Acrylgemälde von Sigrid von Lintig noch bis zum 20. Juli 2019
Öffnungszeiten:
Mittwoch und Freitag: 11:00 – 19:00 Uhr
Donnerstag 14:00 – 19:00 Uhr
Samstag: 11:00 – 15:00 Uhr
und nach Vereinbarung