Perlen des Einzelhandels – Die Geschäfte laufen gut in Kaiserhof- und Hochstraße

Die Innenstadt bietet in der Goethestraße Shopping im Luxusbereich und kann, wenn auch nicht mit der Länge, so doch mit den Top-Marken, durchaus mit der Münchner Maximilianstraße oder der „Kö“ in Düsseldorf mithalten. Doch was passiert etwa in der Hochstraße oder der Kaiserhofstraße? Bei einem Rundgang in den nur wenige Meter entfernten Seitenstraßen entdecken wir kleine Juwelen des Einzelhandels.

Jürgen Oertel – auch ein stilsicheres Beispiel für individuellen Stil Foto: Edda Rössler
Jürgen Oertel – auch ein stilsicheres Beispiel für individuellen Stil
Foto: Edda Rössler

Warum sie sich trotz Krise im Textilbereich mit einem anspruchsvollen Portfolio behaupten, das wollen wir herausfinden. Die Gespräche aus dem Nähkästchen zeigen, wie eng die individuelle Vita mit dem Einsatz für das Geschäft verbunden ist und welch maßgeschneiderter Service, fast wie in alten Zeiten, angeboten wird. Qualität, Individualität und Eingehen auf Verbraucherwünsche, das alles steht hier im Vordergrund.

In der Kaiserhof- und der Hochstraße gibt Tradition den Ton an

Überall bieten edle Boutiquen, Schuhgeschäfte und Einrichtungsshops nicht alltägliche Ware an. Viele von ihnen sind inhabergeführt und seit Jahrzehnten ansässig. Hier gilt nicht der letzte Schrei, gefertigt aus billigen Materialien. Tragbare, klassisch-elegante Mode mit ausgezeichnetem Schnitt, Material und Verarbeitung stehen im Vordergrund. Auch maßgeschneiderte Anzüge für den Herrn und die Dame gehören zum Standard. Das hat jedoch seinen Preis. Die angebotene Ware befindet sich im oberen Marktsegment.

Dennoch hört man bei den Geschäftsleuten zunächst dezente Klagen. „Früher war alles besser“, sagen sie. Was sich jedoch nicht auf die Nachfrage und den Umsatz bezieht, eher auf die Bequemlichkeit für den Kunden. Bis vor einigen Jahren noch konnte die Stammkundschaft direkt vor dem Laden parken und ihre neuen Errungenschaften sorglos in den Kofferraum legen. Seitdem die Frankfurter Verkehrspolitik dem einen Riegel vorschob und Parkplätze strich, ist eine Stellfläche in einem der nahegelegenen Parkhäuser das Mittel der Wahl. Was für viele nicht kommod ist, aber mittlerweile akzeptiert.

Diehl&Diehl setzt auf Maßanfertigung

Charly Diehl, ein „Urgestein der Frankfurter Fashionwelt“, leitet zusammen mit Gattin Gabriele seit 30 Jahren die Geschicke von Diehl und Diehl. Stammkunden zählen zum Erfolgsrezept und Weiterempfehlungen. Vor kurzem erst habe ein amerikanischer Tourist an einer Hotelbar mit einem Frankfurter ins Gespräch gekommen. „Wenn es um Bekleidung geht, müssen sie zu Diehl & Diehl gehen“, wurde verraten. Das Bekleidungsgeschäft, das schon bei dem Betreten mit einem von dunklen Holztönen dominierten Interieur Gediegenheit und Eleganz vermittelt, bietet ein breites Sortiment, zu dem für den Herren etwa Hosen, Pullover und Jacketts zählen. Liebhaber exklusiver Krawatten unterschiedlichster Farben und Muster kommen auch auf ihre Kosten. Passendes Schuhwerk von beispielsweise Edward Green, Crockett & Jones sowie maßgeschneiderte Schuhe von Saint Crispins und Edward Green runden die Garderobe des Gentleman ab.

Auf die Dame warten „Klassiker“ wie Handtaschen von Nobelmarken wie Felisi und Mutuum, ebenso wie Kleider von Hache, Anzüge und Blazer oder Kollektionen des italienischen Designers Roberto Cavalli. Zum Sortiment zählt zudem die Marke „Belvest“, zuvor bekannt als hochwertiger Schneider für Herren-Anzüge. Jetzt fließen die Erfahrungen in eine klassisch-elegante Damenmode.

Auch einen maßgeschneiderten Pullover aus 100% Kaschmir, gefertigt aus edlen Garnen des schottischen Herstellers Todd & Duncan, kann sich der Kunde bestellen. Einfach Maß genommen und die Farbe ausgesucht, dann wird das edle Teil in Perugia gestrickt.

Yves Delorme: Damit die Nächte genauso schön wie die Tage werden!

Ob Träume in Luxus-Bettwäsche angenehmer sind, wissen wir nicht. Dass es sich aber vorzüglich anfühlen mag, wenn man in aus hochwertiger Baumwolle oder Seide gefertigten Bettgarnituren nächtigt, davon sind wir überzeugt. Exklusive Bettwäsche, die aus ägyptischer Supima oder Gizabaumwolle gefertigt ist, gibt es in der Yves Delorme Boutique. Store-Directrice Marie-Christine Le Bras, seit 2018 für die Geschicke verantwortlich, kommt bei der Aufzählung des Sortiments, das von Bett- über Frotteewäsche bis hin zu Homewear reicht, ins Schwärmen. „Wir sind die Haute Couture der Bettwäsche, wenn man nur an die handgestickten Muster denkt“. Deren Design orientiert sich, wie kann das bei einem französischen Unternehmen anders sein, an Paris. Die florale Stickerei sei eine Hommage an die Pflanzenwelt in den Pariser Parks. Stammkunden, darunter auch solche, die eigens aus Wiesbaden und Mainz anreisen, sowie eine international aufgestellte Kundschaft seien Erfolgsfaktoren. Obwohl die Hochstraße keine Fußgängerzone sei, unterstützen ihrer Meinung nach die großen Schaufenster, die sogar beim Vorüberfahren im Auto auffallen, den Verkauf.

Die Bretonin Marie-Christine Le Bras, gelernte Juristin, hat es vor über 30 Jahren nach Frankfurt gezogen. Die Freude am Gestalten und an der kreativen Auseinandersetzung mit edlen Stoffen und Mustern, das steht bei ihr im Mittelpunkt. Foto: Edda Rössler
Die Bretonin Marie-Christine Le Bras, gelernte Juristin, hat es vor über 30 Jahren nach Frankfurt gezogen. Die Freude am Gestalten und an der kreativen Auseinandersetzung mit edlen Stoffen und Mustern, das steht bei ihr im Mittelpunkt.
Foto: Edda Rössler

RED Boutique – Für zierliche und vollschlanke Damen

Der Signalfarbe „Rot“ hat sich die Inhaberin Irina Tartakovskaya der RED Boutique verschrieben, obwohl die Kleiderauswahl aus vielen anderen Farben besteht. Diverse Nobelmarken aus Italien, Frankreich und Japan warten hier auf die Kundin, wobei Irina stolz ist, nahezu alle Konfektionsgrößen, von 38 bis 52 zu bedienen. „Das ist zwar schwierig, aber wichtig für meinen Verkauf.“ Ihre typische Kundin, in der Regel ab Ende Vierzig, Anfang 50, lege Wert auf klassische Mode, allerdings mit witzigen Accessoires oder Farbnuancen. Früher sei ja schon das Tragen von Jeans mit Blazer gewagt gewesen. Das zähle heute zum klassischen Auftritt, selbst ihre Bankerinnen seien jetzt modisch wagemutiger.“ “Der Pfiff“ müsse immer dabei sein. Damit die Kundschaft stets aktuelle Kollektionen erhalte, sei sie selbst als Einkäuferin bei den wichtigen Modemessen wie etwa in Paris oder Mailand unterwegs. Man müsse die Stoffe anfassen und sich selbst von Passformen und Schnitten überzeugen. Oversize etwa sei eben nicht immer oversize. Ihre Mission ist es, stets so zu beraten, dass die Kundin mit ihrer Kleidungswahl kombinieren könne. “Ich frage immer, was bringt Ihnen das, wenn Sie 20 Paar von der gleichen Hose haben?“ Gern empfiehlt sie neue Kombinationen. „Stereotypen sind doch langweilig!“

Etwas Intimes braucht die Frau! Bei Valentina gibt es Dessous und mehr

Eva Friedauer, seit 24 Jahren Chefin der Dessous- und Bademoden Boutique „Valentina“, lockt allein schon mit ihrer liebevollen und verspielten Schaufensterdekoration in ihr Geschäft, das etwas versteckt in der Fressgass Passage, direkt ums. Eck von Feinkost Meyer liegt. Ihr Umsatztreiber ist die Stammkundschaft, die sie gleich zur Firmengründung mitnahm. Zuvor war sie im Hessencenter und an einem anderen innerstädtischen Standort vertreten. Ihre Angebotspalette reicht von Schlafanzügen, Pyjamas, Loungewear über Bademode bis hin zu edlen Dessous. Eres, Paladini, Marie Jo, das sind nur einige der Labels, auf die sich die Kundin freuen darf. „Bei den Marken sind wir ganz oben angesiedelt.“ Kleine Größen, aber auch größere Cups, das breite Sortiment erlaube individuelle Beratung, auf die man Wert lege. Selbst wenn mal etwas nicht auf Lager sei, könne man es bestellen. Im Trend derzeit liegen bei der Damen-Unterwäsche farbige und leichte Teile. Hauchzarte BH Braceletts statt schwerer Contour-BHs geben in der Lingerie den Ton an.

Handtaschen mit Wow-Faktor bei Ewa Lagan

Allein schon beim Klang von Namen wie Kelly- oder Birkin-Bag schlagen Frauenherzen höher. Eine geballte Ladung der hippen Handtaschen und passender Accessories gibt es in der Kaiserhofstraße bei Ewa Lagan. Chanel, Dior, Hérmes, Bottega Veneta bis hin zu Louis Vuitton, Nobelmarken, die man auf der Goethestraße findet, sind hier auch vertreten. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass jedes Schmuckstück bereits eine Vorbesitzerin hatte. Denn bei Ewa Lagan gibt es Second Hand auf höchstem Niveau. Die Idee dazu entstand bei ihr vor 20 Jahren. Auch sie zählt wie ihre Kollegen auf einen festen Kreis an Stammkunden, die ihr Ware anbieten oder abkaufen. Viele davon machen beides. Dabei sei höchste Sorgfalt geboten. „Wenn wir ein neues Teil angeboten bekommen, prüfen wir zunächst den Zustand und arbeiten die Tasche bei Bedarf auf.“ No-Name-Produkte werden in Kommission gehandelt, nur Taschen namhafter Designer kauft Lagan an. Mitunter übernimmt sie auch nur die Aufarbeitung, um das Lieblingsteil einer Kundin wieder flott zu machen. Viele Geschichten hat sie um rund ihre Taschen erfahren. So hätte eine gute Kundin einmal aus Versehen eine Hérmes-Tasche in die Waschmaschine gesteckt, eine andere habe sie mit Inhalt vor dem Eingang ihres Hotels vergessen und unberührt wieder gefunden. Und wer weiß, wer alles zu den Besitzerinnen einer Tasche zählte, die Lagan insgesamt dreimal wieder verkaufte. „Ich muss sagen, es ist stetig gut“, sagt sie auf die Frage nach ihrem Umsatz.

Die Trüffelscheweine: First Frankfurt

Seit über 21 Jahren sind sie bereits Mode-Experten: Johanna Kalliwoda und Gatte Immo. Zunächst mit einer Boutique in Sachsenhausen ansässig, seit zehn Jahren in der Hochstraße 43. In der Boutique warten Kollektionen anspruchsvoller Labels wie Stouls, Avant Toi, Jitrois, Rag&Bone, Andrea Ya’aqov, Momoni oder Vanessa Bruno auf Frauen, die auf der Suche nach der außergewöhnlichen Mode sind. Mehrmals im Jahr besuchen sie Modemessen in Frankreich und Italien. Dort wählen sie vor Ort aus, was sie später in Frankfurt anbieten.
Sie sind stolz, dass man einige der Labels sogar deutschlandweit nur in ihrem Shop findet. Wie etwa den eindrucksvollen schwarzen Nappa-Ledermantel von Jitrois, den Kalliwoda rasch überzieht und gekonnt wie ein Model vorführt. Die Marke mit Sitz in Paris ist bekannt für besonders luxuriöse und hochwertige Lederbekleidung und wird im Rhein-Main-Gebiet exklusiv von First angeboten. Sie achten bei der Auswahl der Materialien auf Nachhaltigkeit und bevorzugen zertifizierte Baumwolle sowie Stoffe aus Stoffüberhängen. Bei der Benennung von „dem“ Frühjahrstrend sind sie zurückhalten. Sie seien nicht in erster Linie „trendy“, sondern bevorzugen den eigenen Stil, der sich aus einer intensiven Recherche zusammensetzt. Aber dennoch, da sind sie sich einig: „Der Trend geht zur weiten Hose, auch wenn die enggeschnittene weiterhin parkettsicher sei. Vorausgesetzt, sie stamme von Frankfurt First.

Abro – Handtaschen aus Rodgau

Man kennt sie, die ebenso praktischen wie modischen Ledertaschen von Abro. Doch wer glaubt, dass sich dahinter eine internationale Modekette verbirgt, hat weit gefehlt. Das „A“ steht für Achim, das „B“ für Bruder und „Ro“ weist auf den Sitz in Rodgau hin. Das Unternehmen, eines der letzten übrig gebliebenen Offenbacher Lederfirmen, wurde 1936 gegründet und ist seit 17 Jahren am Rathenauplatz ansässig. Noch immer befindet Abro in Familienhand. „Stefan und Achim Bruder leiten das Geschäft, wobei der eine für das Kaufmännische, der andere für das Design zuständig ist“, informiert die quirlige Store Managerin Anne Schwerber. „In Rodgau gibt es drei große Lagerhallen, das Leder wird aus Norditalien geliefert.

Von Anfang an leitet Schwerber das Geschäft am Rathenauplatz. Was macht denn eine typische Abro-Tasche aus, wollen wir wissen. „Wir sind praktisch, aber auch stylish.“ Die deutsche Frau bevorzuge Taschen, die sie auch umhängen kann, berichtet sie. „Das Sortiment ist breit aufgestellt. Shopper, Clutches, Bucket und Satchel Bags in vielen Farben warten neben Accessoires wie Gürtel auf die Kundin. Ganz neu sind leichte Basttaschen in Pastellfarben, passend zur Frühjahrsmode. „Eine Handtasche poppt das Outfit auf“, davon ist Schwerber überzeugt. Auf die Frage nach dem Abro-Erfolgsrezept hat sie gleich eine Antwort parat: „Weil man schöne Dinge nie genug hat!“

Eine Basttasche aus der neuen Abro-Kollektion, das ist die Empfehlung von Store-Managerin Anne Schwerber Foto: Edda Rössler
Eine Basttasche aus der neuen Abro-Kollektion, das ist die Empfehlung von Store-Managerin Anne Schwerber
Foto: Edda Rössler

Kennel@Schmenger – Da werden die Schuhe aus dem Regal gerissen

Kaum öffnet sich die Ladentüre von Kennel@Schmenger, fühlt man sich wie im Sneaker-Paradies. In allen Farben, egal, ob pink, gelb, blau bis hin zu Pastelltönen und Formen, mit hoher Sohle oder Vintage-Style, hier gibt sportliche Treter, aber auch Sandalen und Ballerinas für die Frau. Angefangen bei Größe 35 ½ bis hin zu 42. “Ganz trendy sind gerade Jeans-Sneaker”, verrät Store-Managerin Tanja Ziemas. Sie hat ihr Hobby “Schuhe” zum Beruf gemacht. Genauso enthusiastisch agieren die zahlreichen Kundinnen im Laden, die die Schuhe nahezu aus den Regalen reißen und sofort anprobieren.

Seit Oktober 2018 ist der Schuhshop, der auch ausgewählte Modelle für Herren produziert, in der Kaiserhofstraße vertreten. “Wir sind an dem Standort gut etabliert, das Umfeld zu den Boutiquen passt.” Auch bei Kennel@Schmenger handelt es sich um ein deutsches Unternehmen, der Firmensitz befindet sich in Pirmasens.

Kennel@Schmenger Store-Managerin Tanja Ziemas ist selbst Fan der modischen Schuhe. Foto: Edda Rössler
Kennel@Schmenger Store-Managerin Tanja Ziemas ist selbst Fan der modischen Schuhe.
Foto: Edda Rössler

Eddas Tipp: Lebensfreude und Stil bei Molani

In Mailand hat Jürgen Oertel seine Frau kennengelernt und mit der Liebe entstand auch die gemeinsame Geschäftsidee. Seit über 30 Jahren bieten er und Gattin Barbara Galli-Oertel in ihrem Geschäft „Molani“ maßgefertigte Kaschmirpullover, Einstecktücher, Krawatten und viele weitere Modeverführer für den Herren an. Doch auch die Dame darf hier in einer großen Auswahl an Kaschmirschals schwelgen. Alle Textilien werden nach eigenen Entwürfen gefertigt und in ausgewählten Strickereien und Webereien produziert. Im Gespräch mit Oertel fühlt man sich wie in einer Zeitreise in eine Welt versetzt, in der der Herr als Gentleman und Grandseigneur auf stilvolle Garderobe achtete.
Allein, was der Geschäftsmann über die schier unerschöpfliche Welt des modischen Einstecktuches für den Herrn erzählt, bereitet gute Laune. Und klar, der typische Molani-Kunde ist Individualist und weiß genau, mit welchem Anstecktuch er die Dame seines Herzens bezirken kann. „Es ist Ausdruck des individuellen Lebensgefühls“, davon ist er überzeugt. Bei all den monochrom blauen und weißen Herrenhemden und Sakkos sei es doch gerade das Einstecktuch, das eigenen Stil und Lebensfreude betone. Von den unterschiedlichen Faltungen, angefangen von der Dreiecks- bis hin zur Doppelspitzenfaltung ganz zu schweigen! Die Abrundung der Garderobe, so der Modefachmann, sei wie einen Strauß Blumen binden. „Man muss komponieren.“ Bleibt allein die Qual der Wahl. Denn die Auswahl bei Molani ist umfangreich. Doch auch für die stilsichere Beratung ist man hier Garant.

Jürgen Oertel – auch ein stilsicheres Beispiel für individuellen Stil Foto: Edda Rössler
Jürgen Oertel – auch ein stilsicheres Beispiel für individuellen Stil
Foto: Edda Rössler

Text und Fotos von Edda Rössler
Veröffentlicht am 9. März 2024 in Frankfurter Neue Presse