Text und Foto von Edda Rössler, am 6. Okttober 2020 in der Frankfurter Neuen Presse veröffentlicht
Bereits zum zweiten Mal lädt Sotheby’s Frankfurt im Rahmen der Kunstreihe Sotheby’s Artist Quarterly zur Kunstausstellung zweier junger Künstler in die Altbauvilla im Frankfurter Westend ein. Die in Marburg geborene Städelschülerin Elisaveta Braslavskaja (1997) und der Frankfurter Städel-Absolvent Immanuel Birkert (1989) stellen ihre Werke unter dem Titel „Braided Water“ vor. Gemeinsam haben sie sich vier Monate lang auf die Show vorbereitet und präsentieren Werke, die sich inhaltlich auf einem gemeinsamen Nenner befinden, wobei sie jedoch mit unterschiedlichen Medien arbeiten. Die Auseinandersetzung mit Naturphänomen und ihrer Stilisierung geben den Ton an. Braslavskaja zeigt groß- und kleinformatige Siebdrucke mit Stickereien, Birkert Installationen und Keramiken.
Den Künstlern gefiel der Begriff „Braided Water“, was übersetzt „verflochtetenes Wasser“ bedeutet und auf das Naturphänomen des „verflochtenen Flusses“ verweisen soll. „Bei Flussverzweigungen zeigen Satellitenaufnahmen, dass sich der Fluss an bestimmten Stellen öffnet und wieder schließt“, so Braslavskaja. Dies kann man auch als Verweis auf das Prozesshafte beim künstlerischen Arbeiten und bei der Rezeption verstehen. Widmet sich Braslavskaja der Interpretation der Akanthuspflanze in ihrer ornamentalen Stilisierung, purzeln bei Birkerts Keramiken originelle Baumwesen, Schlamm-Keramiken und freche Installationen ins Auge des Betrachters.
Die Akanthuspflanze neu interpretiert
Bei der Akanthuspflanze handelt es sich gemeinhin um eine gewöhnliche, krautige Pflanze, die jedoch merkwürdiger Weise eine langanhaltende Hauptrolle in der Kunstgeschichte als Ornament erfuhr. Da will die Künstlerin intervenieren und neue Sehweisen anbieten. Aquarelle und Siebdrucke unterschiedlichen Formates auf handgeschöpftem Büttenpapier, viele davon mit Stickereien versehen, rücken die Akanthuspflanze als Ornament in ein neues Licht. Die Faszination für das Ornamentale stamme aus der eigenen Vita sagt sie, denn ein Teil ihrer Familie hat Wurzeln im Iran, in dem Ornamente eine wichtige Rolle spielen. So ist ihre Auseinandersetzung mit dem Ornament ein interessantes Angebot, das mit ästhetischen Positionen und handwerklichem Können besticht. Letztendlich jedoch wirkt es allzu verspielt und angestrengt. Man muss nicht dem Kritiker Adolf Loos zustimmen, der „Ornament als Verbrechen“ und als das „Lallen in der Malerei“ verurteilte, aber etwas weniger Mixed Media zugunsten eines klaren künstlerischen Statements wären wünschenswert.
Keramiken zum Umarmen
Schon beim ersten Blick möchte man die ungestümen und purzeligen Installationen und Keramiken von Immanel Birkert anfassen und ihnen spielen. Da begegnen uns etwa lustige Baummenschen, denen Äste und Blätter aus der Hosentasche wachsen. Auch die Holz-Installation „First Sun“ erfreut mit ihrer kernigen Facettenhaftigkeit. Der Künstler besorgte sich hierfür im Baumarkt eine „MDF-Platte“, eine mitteldichte Faserplatte, und lackierte sie teilweise in weißer Farbe. Darüber hinaus schnitzte er an anderer Stelle das Holz so aus, das ein ornamentaler Formenkodex entstand. An einer weiteren Ecke hat eine Zeichnung angebracht. Für Birkert, der seine Skizzen „im Kopf und auf dem Skizzenblock“ festhält, war bei „First Sun“ vor allem die Kreation einer überzeugenden ornamentalen Formensprache die Herausforderung. „Die Umsetzung ging dagegen relativ schnell.“ Keck packt er noch obendrauf zwei ornamentale weiße Keramiken, die an stachlige Stiefelchen erinnern. Das Kabinettstück der Ausstellung bilden seine beiden kleinformatigen „Riverscapes“, Öl auf Keramik. Sie gleichen schlammfarbenen Gemälden, in denen Abdrücke und Spuren auf Vergänglichkeit und Ewigkeit verweisen. Treffender kann man die Idee des verflochtenen Wassers künstlerisch kaum darstellen.
Braided Water – die Ausstellung ist noch bis zum 11. Dezember 2020 geöffnet. Weitere Informationen unter sothebys.com