Wohin moderne Technologien wie etwa die aktuelle Gesichtserkennung führen können, das zeigt die junge Designerin Judith Block (29) in ihrer Ausstellung im 1822-Forum der Frankfurter Sparkasse. Dabei geht es der Absolventin der Hochschule für Gestaltung (Offenbach) und angehenden Doktorandin nicht allein um ein bloßes Feiern des technologischen Fortschrittes, vielmehr zeigt sie Hintergründe, Schwachstellen und Gefahren auf. „Mein Ziel war es, die Komplexität der technologischen Entwicklung greifbar zu machen, auf Gefahren hinzuweisen und andererseits aufzuzeigen, was man mit Technologien erreichen kann, wenn man sauber arbeitet.“
Die dreigeteilte Ausstellung führt behutsam und folgerichtig in die Thematik ein und stets schwankt man, ob sich hier eine Künstlerin mit dem Fokus auf ästhetischen Prozessen präsentiert oder ob eine sachlich-nüchterne Wissenschaftlerin ihr Forschungslabor öffnet. Für Judith Block ist das kein Widerspruch, denn „Aufgabe des Designs, der Produktgestaltung ist es, Technologien durch Formen, Farben und Gestaltung verständlich zu machen.“
Dabei hat sie sich einer höchst komplexen Materie genähert und in didaktischen Schritten hebt sie den Besucher auf Verständnisebenen, um ihren Dialog auf Augenhöhe führen zu können. Wie in einem Museum führt der Weg zu Stationen, die didaktisch aufeinander aufbauen.
Zunächst schaut man auf die von Block entworfenen und im Keramikofen der HfG gebrannten Tongesichter, schreitet weiter zu ebenfalls selbstentworfenen Infografiken, die sie auf Plexiglas auftrug, bis wir dann dem eigentlichen Höhepunkt der Ausstellung begegnen, den mit einer Software ausgestatteten Holzmasken begegnen.
Alles kreist um das menschliche Gesicht. Da gibt es die Wiedererkennung, die selbst dann funktioniert, wenn sich das Gesicht etwa im Laufe der Jahre verändert. Das Gesicht verrät Emotionalität und dient zugleich als riesige, individuell interpretierte Projektionsfläche.
Insbesondere die emotionale Ebene mit all den unterschiedlichen Mimiken wurde von Psychologen unter dem Begriff „Facial Action Coding System“ zusammengefasst und bildet eine Grundlage aktueller Gesichtserkennung, informiert Block. In ihrer Infografik weist sie daraufhin, dass hier Schwachstellen enthalten sind, zumal kulturelle Unterschiede nicht berücksichtigt wurden. Zudem erklärt sie die Gefahren einer solchen Gesichtserkennung, die derzeit im militärischen Bereich oder auch in Asien im öffentlichen Raum eingesetzt wird. Bei all dem bewahrt sie einen unaufgeregten, sachlichen Tenor.
Hat sich der mittlerweile gut informierte Besucher mit den Hintergründen und Schwachstellen aktueller Gesichtserkennung auseinandergesetzt, darf er sich den „Lebenden Masken“ nähern und Blocks Zukunftslabor betreten. Dort drückt man auf einen Buzzer und äußert einen, in der Regel privaten Zukunftswunsch. Schon kommt Leben in die an der Wand befestigten Masken, die die Wünsche mit unterschiedlichen Grimassen inszenieren. Diese Partizipation bleibt anonym, aber nicht ungehört.
Ob unsere Wünsche in Erfüllung gehen werden, das lässt Judith Block offen. Doch als angehende Zukunftsforscherin hat sie bestimmt auch dazu eine eigene Meinung, der wir vielleicht schon in ihrer nächsten Ausstellung begegnen.
Judith Blocks Ausstellung „Lebende Masken“ sensibilisiert und hinterfragt unseren Umgang mit Technologien. Nichts ist selbstverständlich, geht den Dingen auf den Grund und nehmt Stellung, appelliert ihre Präsentation. Um eine Erfahrung reicher verlässt der Besucher die „Lebenden Masken“ und Spaß hat es auch gemacht.
Die Ausstellung „Lebende Masken“ von Judith Block ist im 1822-Forum in der Fahrgasse 9 zu den üblichen Öffnungszeiten noch bis zum 13. November geöffnet.
Zu der Ausstellung ist ein begleitender Katalog „Legende Masken“ von Judith Block (Herausgeberin und Autorin) erschienen.
Text und Foto von Edda Rössler, am 21. Oktober 2021 veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse