Erfindet Räume – Werke der Fotografin Susa Templin bei Anita Beckers

Text und Fotos von Edda Rössler

Veröffentlicht in der Frankfurter Neuen Presse am 16. Mai 2020

(v.l.) Susa Templin mit Galeristin Anita Beckers
(v.l.) Susa Templin mit Galeristin Anita Beckers

„Das Licht der Raum und die Zeit“, unter diesem Ausstellungstitel präsentiert die Galeristin Anita Beckers Analogfotografien von Susa Templin (55), die neben ihrer künstlerischen Tätigkeit auch an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung (HfG) als Dozentin für Analog-Fotografie unterrichtet.

„Ich kenne Susa seit vielen Jahren“, informiert Beckers. Für einige Jahre habe man sich aus den Augen verloren. Als sie jedoch vor kurzem Templins Studio besuchte, war sie beeindruckt. „Ich dachte, wieso ist das an mir vorbeigegangen!“ Sogleich organisierte sie eine Galerie-Ausstellung und will im nächsten Schritt Templins Werken auf der Paris Photo 2020 präsentieren.   

Räume die wahr werden Fotografien von Susa Templin
Räume die wahr werden Fotografien von Susa Templin

Behände und grazil schreitet Susa Templin durch die Ausstellungsräume der Galerie Anita Beckers in der Braubachstraße. Sie genießt das Interesse und die Anerkennung der zu dem kleinen Opening erschienenen Besucher. Krisenbedingt sind nur wenige Gäste erlaubt, doch die Zeichen in der Frankfurter Galerienszene bewegen sich allmählich wieder in Richtung Normalität. Templin kommt in den Genuss einer der ersten Vernissagen nach dem Ausbruch der Corona-Krise. Selbstverständlich“, betont Anita Beckers, „achten wir streng darauf, dass alle verordneten Sicherheitsvorschriften erfüllt werden.“ Noch ist die Atemschutzmaske ein wichtiges Vernissagen-Accessoire.

Der Ausstellungstitel ist zugleich Programm. Ist Licht der Kern der Fotografie, ist die  Auseinandersetzung mit Raum Susa Templins Leitmotiv. Sie erkundet ihn wie ein Höhlenforscher, lotet ihn aus, bringt ihn auf den Punkt, um ihn gleich wieder neu zu denken und neu zu konstruieren. „Ich will nicht dokumentieren, sondern schaffe eigene Räume“, sagt sie. Die Erschaffung von Räumen erfolgt in Zeitprozessen.

Fotografien von Susa Templin bei Anita Beckers
Fotografien von Susa Templin bei Anita Beckers

Templins Fotografien zeigen abstrakte, realitätsferne Räume, die harmonisch wirken und in sich ruhen. In ihnen steht die Zeit still, doch stets sorgt eine erfrischende Brise für das nötige Durchatmen. Diese Wirkung liegt auch in der besonderen Arbeitsweise der Künstlerin begründet, zu der Gespür für die tatsächlich vorgefundene Raumsituation und ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein zählen. Immerhin hat sie sich zur Aufgabe gemacht, „die Nichtrealität des Räumlichen“ darzustellen.

Das Spiel mit der Realität, das in einer lichtdurchfluteten, ästhetischen Dimension mündet, bewältigt sie mithilfe einer 6×6 Kamera. Hat ein Raum ihr Interesse geweckt, fotografiert sie ihn und belichtet die Aufnahme doppelt. So verschwimmen die einzelnen Belichtungen ineinander und das Motiv wird transparent. Der Raum öffnet sich und umschmeichelt den Betrachter, er lädt zum Besuch und zum Inneweilen ein. Auch die Farbigkeit der neuen Szenerie bestimmt sie ganz nach Gusto. Da werden Räume in eine verführerische Pastellfarbigkeit getaucht, andere hüllt sie in ein sanftes Hellblau. Alle fügen sich Templins Regieanweisungen.

Susa Templin
Susa Templin

In einem weiteren Zyklus präsentiert sie Fotografien, denen zuvor gebaute Modelle zugrunde liegen. Auf diese Modelle montiert sie Fotos aus ihrem Archiv. Dann wird wiederum fotografiert und auch hier ist das Ergebnis ein Bild, das ganz der Welt Templins entnommen ist.

Geradezu paradigmatisch erfährt der Besucher anhand der Werke Templins, wie schöpferische Prozesse, die Fakten in Fiktion verwandeln, ablaufen. Dass daraus Artefakte von hohem ästhetischem Wert werden, ist dem Können von Susa Templin geschuldet.

Besuch der Ausstellung nach vorheriger Anmeldung. Weitere Informationen unter

Galerie-beckers.com