Toleranz, Verständnis, miteinander reden und zuhören können, das fordert der international renommierte Künstler Guy Ferrer (1955). In Frankfurt sorgte seine ebenso originelle wie aufmerksamkeitsstarke Skulptur „T.O.L.E.R.A.N.C.E.“ direkt vor dem Eingang des Universitätsgebäudes für Furore. Jeden einzelnen Buchstaben hat der katalanische Bildhauer und Maler inszeniert und einer Weltreligion gewidmet. Worte sind Schall und Rauch, eine Installation mit neun Elementen gilt es zu erschließen, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Die Figuren funktionieren durchaus solo, doch besser im Kontext. Seinen Appell gegen Vorurteile schuf er in einer Serie von 8 Exemplaren, davon sind mittlerweile drei dauerhaft an symbolträchtigen Orten vertreten. Paris, Abu Dhabi und Johannesburg laden zur Besichtigung ein.
Ich treffe ihn in seinem geräumigen Studio im südfranzösischen Perpignan. Auf zwei Etagen erstreckt sich das stattliche Refugium, das sowohl seine Gemälde als auch seine Skulpturen zeigt. Auf die Frage, welche Kunstform für ihn wichtiger sei, antwortet er: „ I definitely need both. They both really work together. It is a need.“
Geboren wurde Ferrer in Algerien, sein Vater war Katalane, die Mutter stammte aus Süd-Italien. So fühlt sich der französische Künstler mit den vielen Wurzeln „mediterran“. Ein wichtiger Wesenszug ist die Hingabe an die Familie. Auch aus diesem Grund widmete er dem verstorbenen Vater und dem toten Bruder Jean-Yves die Statue „Titan“. Sie ist in Perpignan an zentraler Stelle, inmitten des historischen Kerns, dem Campo Santo, angebracht.
Doch auch seine Gemälde, die sich thematisch eng an die Skulpturen anlehnen, zeichnet eine besondere Aura aus. Die zumeist großformatigen Werke deuten oft verschwommen dargestellte Figuren an, die sich in einer Meditation befinden. Guy Ferrers Oeuvre lässt sich nicht in die enge Schablone einer Kunstrichtung pressen. Mitunter blitzt schon einmal eine Maske à la Jean Dubuffet auf, doch rasch wandern wir in abstraktere Welten. Das Diesseits ist nicht der Kern seiner künstlerischen Auseinandersetzung. Seine Kunst gibt den Blick in geheime Welten preis, Welten, die sich der weitgereiste Künstler durch seine langjährige Beschäftigung mit Weltreligionen eroberte.
„My work is fed by spirituality.“ Den künstlerischen Prozess beschreibt er als eine Kontaktaufnahme mit einer universellen kreativen Energie („Source“) und vergleicht den schöpferischen Vorgang mit dem sakralen Akt des Betens. „“This energy acts and we are working together.“ Ferrer ergänzt mit einem Lächeln: „The angels are here around and they help. So maybe they can invoke me. Maybe I am convoking them. I don‘t know. But we are doing it. Sometimes we are a good team.“
Faszinierend sind auch seine goldenen Werke der „Stripes Series“, die er derzeit in seiner Ausstellung „Rituals“ in Johannesburg präsentiert. Stoffstreifen, zumeist Leinen, sind mit Goldfasern durchwoben. Diese Kompositionen, die Wandteppichen oder Bühnenvorhängen gleichen, laden zur Kontemplation ein.
Nur eine kurze Zeit im Gespräch mit Guy Ferrer und seinem Künstlerpartner Pascal Lacombe reichen aus und schon stellt sich das prickelnde Gefühl ein, dass man Freunde gewonnen hat.
In Frankfurt am Main wird Guy Ferrer von der Westend Galerie „Die Galerie“ vertreten. Wir hoffen auf weitere Ausstellungen des gefragten Künstlers vor Ort. Seine Werke werden derzeit in großen Ausstellungen in Paris, Johannesburg und in Kürze in Girona (Spanien) präsentiert. Die Chancen, dass wir ihn in Frankfurt begrüßen dürfen, sehen gut aus. Zumal Guy Ferrer bekennt, dass er Frankfurt schätze. „We know it is a powerful city, on the economic level. But it is also a peaceful and quiet city with the river Main going through it. I could stay there for months!“
Edda Rössler