In diesem Haushalt fegt der Voodoo-Besen durch

Galerist Philipp Pflug präsentiert Kostproben origineller Kunstwerke, mit denen er sich in seiner Galerie einrichtete. Foto: Edda Rössler
Galerist Philipp Pflug präsentiert Kostproben origineller Kunstwerke, mit denen er sich in seiner Galerie einrichtete.
Foto: Edda Rössler

„Haushalten“, „Haushalt machen“, sind das nicht sterbenslangweilige Begriffe? Wie fantasievoll und mit welchem Charme die auf den ersten Blick schnöden Tätigkeiten wie „kehren“, „aufräumen“ oder „verpacken“ daherkommen, das zeigt die Ausstellung „Haushalt“ mitten in der Frankfurter Innenstadt. Zusammengestellt hat sie der Frankfurter Galerist Philipp Pflug, der über 25 Exponate, zumeist Objekte, auf seinen beiden Galerie-Etagen präsentiert. Darunter befinden sich zudem malerische Positionen wie die großformatigen, im Siebdruckverfahren und Acryl auf Leinen entwickelten Werke von Manuel Kirsch. Sie empfinden Strukturen von Toilettenpapier nach und offenbaren eine melodische Ornamentik.
Darüber hinaus entdecken wir Jagoda Bednarskys mit dickem Pinselstrich locker auf die Leinwand gebanntes Porträt eines Hahnes, dessen knallroter Kamm elektrisiert wirkt. In der oberen Etage warten Köstlichkeiten wie die naive Interpretation des Montmartres von Louis Vivin aus dem Jahr 1925 auf den Besucher. „Ein weiteres Gemälde des naiven Künstlers“, so Galerist Pflug, „befand sich bis 1936 im Städelmuseum, wurde verkauft und gilt seitdem als verschollen.“
Ein Blickfang ist auch die ebenso dynamische wie in sich geschlossene abstrakte Komposition des amerikanischen Künstlers Mike Bidlo, die sich stilistisch dem Abstract Painting verschreibt und Jackson Pollocks Malerei gewidmet ist. Der 1953 in den USA geborene Künstler malt nicht nur in der Manier Pollocks, er lädt darüber hinaus zu Kunstperformances ein, in denen er Pollocks besondere Malweise des Drip Paintings darstellt.
Allein schon die aktuell bei Philipp Pflug präsentierte Malerei zeigt, hier erfolgte keine strenge Auswahl nach Entstehungsdaten oder Kunstrichtungen. Stattdessen wird eine pralle Vielfalt gezeigt, alles Exponate, die den Galeristen inspirieren. Zu jedem Werk hat Pflug eine kleine Geschichte parat, was den Spaziergang durch die Kunstwelt zusätzlich belebt.

Die Werke beziehen sich in der geschickten Hängung aufeinander, so als würden sie sich die Hand reichen. Blickfang im Schaufenster zur Berliner Straße hin bilden eine Radierung des Niederländers Cornelis Dusart aus dem aus dem Jahr 1685 und eine Tischlampe von Cosima von Bonin aus dem Jahr 1993. Ein zunächst altbackenes Lampen-Arrangement, das an Urgrossmutters Boudoir erinnert, muss man enträtseln. Dann erst offenbart sich das Raffinement des Designs und die Chuzpe der Künstlerin. Unter dem biederen Lampenschirm aus Plissee, neben der Lampenstange, entdecken wir zwei kleine Eier aus Bronze. Rasch mutiert die Lampen-Installation zum Penis. Garantiert jugendfrei dagegen ist die große, 1,60 m hohe Fliegenklatsche aus Epoxidharz, die Frank Brechter entwarf. Allerdings, Tierfreunde seien gewarnt, bereits zahlreiche Fliegen sind ihr schon auf den Leim gegangen.

Da gibt es noch so viel zu entdecken! Wie etwa die kleinen Voodoo-Besen des Künstlerduos A.A. BRONSON und J.X. WILLIAMS, die in der Ecke der Galerie einen mystischen Zauber verströmen. Natürlich fehlt auch ein Betrag des Frankfurter Künstler Tobias Rehberger nicht. Dessen braunes Regal und die mit DC-beklebte Flächen strahlen eine beklemmende Leere aus. Selbst das Frankfurter Haushaltswarengeschäft Lorey findet eine Würdigung. Stefan Kerns überdimensionierter Brotkasten ist in den klassischen Logofarben des Unternehmens, in Orange und Baun angelegt, und mit einem „Lorey-Schriftzug“ versehen.

Die Idee zur Ausstellung „Haushalt“, so Pflug, erhält er durch Besuche im Freundeskreis. „Wenn Kunst im persönlichen Umfeld gezeigt wird, sehen wir nicht nur Bilder, Fotografien oder Skulpturen. Manchmal gibt es schon ein paar versteckte Schätze.“ Genau davon handelt seine Ausstellung und jeder einzelne Schatz ist noch bis zum 5. August eine Entdeckung wert.

Weitere Informationen unter www.ppcontemporary.com

Text und Foto von Edda Rössler
Veröffentlicht am 15. Juli 2023 in Frankfurter Neue Presse