Noblesse oblige – Vornehme Zurückhaltung in der Kunst von Franco Tripodi

Die Frankfurter Westend Galerie, die ihren Fokus auf zeitgenössische italienische Malerei richtet, lädt zur großen Solo-Show von Franco Tripodi ein. „Contrappunti“, so der Ausstellungstitel, umfasst an die 28 Werke, darunter Aquarelle, Ölbilder und Skulpturen. Der 1952 in Vibo Valentia (Kalabrien) geborene Künstler zog in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts nach Mailand und erwarb dort an der Brera-Akademie ein Diplom in Malerei.

Italienische Kunst aus Überzeugung Dr. Carolin Lüderssen (Vorstand Deutsch-Italienische Vereinigung), Franco Tripodi und Barbara Thurau (Galerie-Leiterin Frankfurter Westend Galerie) (v.l.) Fotografin: Edda Rössler
Italienische Kunst aus Überzeugung
Dr. Carolin Lüderssen (Vorstand Deutsch-Italienische Vereinigung), Franco Tripodi und Barbara Thurau (Galerie-Leiterin Frankfurter Westend Galerie) (v.l.)
Fotografin: Edda Rössler

Sein Werk ist vor allem von zwei Komponenten geprägt. Zum einen erkennt man eine abstrakte, streng geometrische Darstellung, die als Gerüst in seine malerischen Welten einlädt. Auf diese Kompositionen legt er mehrere, hauchzarte Farbschichten, die der Strenge der Form Weite, Sinnlichkeit und atmosphärische Eleganz verleihen.

Im Mittelpunkt dieser Ausstellung rücken Aquarelle, die er während der Pandemie schuf. Wie belastend er diese Zeit empfand, beweist die kleine Aquarellserie „Belagerung“. Doch wo die Gefahr am größten ist, gibt es oft Auswege. Seine Kunst soll für den Betrachter „Räume öffnen“, sagt der Künstler. Indem man in Kunst eintauche, lässt es sich der bedrückenden Gegenwart zumindest für einige Zeit entfliehen. Dabei beruft sich Tripodi auf italienische Kunsttraditionen wie etwa Positionen von Lucio Fontana und Fausto Melotti. Beide wurden um 1900 geboren, beide waren wie er als Maler und als Bildhauer tätig. Bei Fontana schätze er vor allem die „radikale Verwendung von Licht“, bei Fausto Melotti die poetische, musikalische Form, in die er seine Kunstwerke hülle. Im Gegensatz zu der emotional aufgeheizten Kunst des Expressionismus erkennen wir bei Tripodi eine vornehme Zurückhaltung. Diese Kunst legt eher Wert auf Besinnung, denn auf Ekstase.
Dennoch gerät der zurückhaltende Künstler ins Schwärmen, wenn er über Mailand spricht. Die Stadt, in der er seit Jahrzehnten lebt und arbeitet, sei für ihn das „das Zentrum der Welt“. Als er dort als junger Mann ankam, habe er sich spontan in Mailand verliebt. Diese Lovestory halte noch bis heute an.
Wer weiß, vielleicht verspürt der Betrachter nach dem Ausstellungs-besuch selbst Lust auf eine Italienreise. Auch aus diesem Grund sollte man „Contrapuntii“ in der Westend Galerie nicht verpassen.

Noch bis zum 23. Juni – weitere Informationen unter div-web.de

Text und Foto von Edda Rössler
am 7. Juni 2023 veröffentlicht in Frankfurter Neuen Presse