Text von Edda Rössler, veröfentlicht in der Frankfurter Neuen Presse am 27. November 2019
„Herbstfeuer“, so der Titel des großen, in warmen Tönen gehaltenen Ölgemäldes, das im Eingang der großen Werkausstellung des Leipziger Malers Johannes Heisig (66) in Peter Femferts Galerie im Frankfurter Westend prangt. Es zeigt den Maler und seine Frau vor einem lodernden Feuer, die Hände eng umschlungen, als ob sie sich gegen kommende Schicksalsschläge und das vorrückende Alter wappneten. „Ich bin im Herbst meines Lebens angekommen und versuche, Bilanz zu ziehen“, erklärt Heisig. „Aussortieren, zu entscheiden, was wichtig ist und was die Zukunft wohl bringen wird.“ Vergänglichkeit hautnah spüren, auch das ist ein Thema, mit dem er sich intensiv auseinandersetzt.
Der schlaksige, feinsinnige Künstler blickt hinter Fassaden und schafft Bildräume voller Symbolik. Eigens für die Frankfurter Ausstellung hat er über 40 großformatige Ölgemälde entworfen, darunter Landschaften, Stillleben und Selbstporträts. Darüber hinaus zeigt er eine Reihe frecher Karikaturen (Mischtechnik über Lithografie), die Bezug auf aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen nehmen. Der Betrachter erheischt einen Blick auf ewig gestrige Schnarchnasen beim „Heimatverein“, einem düsteren „Völkischen Beobachter“ oder einen aus allen Fugen geratenen „Präsidenten“ Donald Trump. Kein Wunder, dass der gebürtige Leipziger, der auch als Professor für Malerei und Grafik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden tätig war, als sozialkritischer Künstler verstanden wird. Seine treffsicheren Hiebe stehen durchaus in der Tradition eines Honoré Daumier.
Lange musste der Künstler aus der renommierten Leipziger Künstlerfamilie kämpfen, um sich aus dem Schatten des übermächtigen Malervaters Bernhard Heisig zu befreien. Wie individuell sein Malstil ist, davon zeugen gerade die aktuellen Ölbilder. Heisig hat sich mit seiner Frau für das Landleben in Teetz, einem kleinen brandenburgischen 100-Seelen-Dorf im Landkreis Ostprignitz-Ruppin entschieden. Seitdem ist die Landschaft vor Ort ein wichtiges Sujet, das er ebenso kraftvoll wie behutsam auf die Leinwand bannt. Ganz berührend etwa ist die Darstellung des Gutsparks bei Blumenthal. Ein mit dynamischen Pinselstrichen gemalter Himmel, der an den Duktus van Goghs erinnert, sich geheimnisvoll im Wind bewegende Blätter in nahezu impressionistisch nebeneinandergelegten Grüntönen und eine in warmen Brauntönen gehaltene Architektur laden zum Schwelgen im brandenburgisches Arkadien ein. Johannes Heisig spielt mit der Realität und schafft ganz im Sinne von Paul Cézanne parallele Wirklichkeiten, an denen man sich nicht genug satt sehen kann.
Johannes Heisig, „Herbstfeuer“, in Die Galerie Frankfurt am Main. Noch bis zum 18. Januar 2020.