Ventura & Scultura – hinter diesem klangvollen Titel verbergen sich ein Maler und vier Bildhauer, deren Werke seit kurzem die Galerieräume von „Die Galerie“ bespielen.
Mag der Schwerpunkt auf der Malerei des italienischen Künstlers Andrea Ventura (1968) liegen, so spielen die facettenreichen Skulpturen von Beate Debus, Guy Ferrer, Dietrich Klinge und Igor Mitoraj durchaus einen wichtigen Part. Zur Vernissage reisten die Künstler aus dem In- und Ausland an und auch die Unterhaltung in englisch, deutsch, französisch und italienisch unterstrich Internationalität, ein Markenzeichen der von Peter Femfert geführten Galerie.
Die Aufmerksamkeit erheischenden, großformatigen Gemälde Venturas, bei der aktuellen Ausstellung entschied sich die Kuratorin Laura Colombini für seine Interieur- und Porträtgemälde, sind so geschickt gehängt, dass sie der Betrachter auch im Dialog mit den präsentierten Skulpturen goutiert.
Bei der Interieurmalerei griff Ventura zumeist zur Ölfarbe und wählte Leinwand als Bildträger. Eine kluge Entscheidung, die seine formidablen Übergänge und Schattierungen der fotografisch wirkenden Szenen hervorhebt. Schier unerschöpflich scheinen die Farbtöne etwa von dem Weiß eines Bettlakens oder die mannigfaltigen Grünvariationen einer Decke, Schlagschatten sorgen für Stand. So wird aus der Farbpalette eine Zauberkiste, die dennoch ohne Effekthascherei auskommt. Dem Betrachter bieten sich nahezu melancholische, menschenleere Räume. Es scheint, als hätte sie ihr Bewohner erst vor kurzem verlassen. Noch schwebt ein Hauch von Eau de Cologne im Raum und intime Wünsche und Sorgen hallen nach.
Bei den Porträts setzt der Maler, der auch als Illustrator ein Begriff ist, auf Papier und Acrylfarbe. Er rückt Menschen wie Close Ups direkt in den Bildmittelpunkt, das Gesicht realisiert sich in Schwarz- und Grautönen, allein beim Hintergrund wählt er Farbe. Es beeindrucken großformatige Darstellungen von Zwillingen. Sie gleichen sich wie ein Ei dem anderen und weisen dennoch unterschiedliche Charaktere auf. Die Hauptrolle spielt allerdings, wie könnte das bei einem waschechten Italiener anders sein, La Mamma! Das Porträt seiner Mutter zeigt eine Dame mit einem offenen Blick, ein Mensch, der viel erlebte und nichts beschönigte. Ihre Lebensfreude drückt Ventura mit einer bunten, fröhlichen und ornamentreichen Kleidung aus.
Darüber hinaus freut man sich über die quirligen, temperamentvollen Objekte des französischen Bildhauers Guy Ferrer (1955), der in Paris lebt und sich mit seinen Werken für Toleranz und respektvollen Umgang einsetzt. Allein sein „Head 3“, ein lustiger Bronzekopf, aus dem viele dicke Bronzefäden wie krude Gedanken sprießen, lohnt den Ausstellungsbesuch. „Gerade wenn die Welt verrückt spielt, müssen wir den richtigen Weg finden“, sagt Ferrer mit einem Augenzwinkern.
Spannungsgeladene Plastiken tanzender Menschengestalten der Holzbildhauerin Beate Debus (1957), abstrakt-fragmentierte Objekte von Dietrich Klinge (1954) und klassisch wirkende Körper des polnischen Künstlers Igor Mitoraj (1944-2014) machen die Ausstellung zu einem Erlebnis.
Die Ausstellung ist noch bis Ende August geöffnet. Weitere Informationen unter www.die-galerie.com
Text und Foto von Edda Rössler
Veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse am 9. Juni 2022