„Des Menschen Seele gleicht dem Wasser“, dichtete Johann Wolfgang Goethe. Doch jenseits der romantischen Sehweise ist Wasser zuallererst lebensnotwendig. In Zeiten der Umweltverschmutzung und des Klimawandels wird es einerseits zur kostbaren Mangelware oder andererseits zur Bedrohung und bringt Überschwemmungen mit sich. Dies alles mag der Anlass für neun Künstlerinnen gewesen sein, sich mit dem nassen Element künstlerisch auseinanderzusetzen.
Larissa Kasten, Trixi Mohn, Fumiko Ohama, Nina Peters, Elsa Namy, Gabi Böhmer, Veronique-Bouclet-Völkel, Katharina Müller Kamü und Griseldis Schreck legen in der ehemaligen Sachsenhäuser Waschhalle frei nach Goethe einen wahren Seelen-Striptease hin. Da geht es empathisch, vieldeutig, umweltkritisch und mitunter humorvoll durch Wasserwelten. Doch Memento mori – auch ein Galgen ist dabei.
Die Künstlerin und Schriftstellerin Fumiko Ohama lässt sich zwar von der Natur inspirieren, doch ihre Kunst ist reinste Fantasie. Sie erfindet Fossilabdrücke auf Gips und präsentiert in akribisch angelegten Zeichnungen kapriziöse Fabelwesen. „Als Japanerin sind mir das Meer ebenso wie Seefrüchte sehr vertraut“, bekennt sie. Doch bloße Naturabbildungen interessieren sie nicht. „Ich entwerfe Fake“, so Ohama mit einem Augenzwinkern. Aber der kann sich sehen lassen.
„Für mich verbindet sich in meinen Bildern die Liebe zum Wasser, zum Schwimmen und zur Malerei“, sagt Künstlerin Nina Peters. „Ich wollte den Betrachter mit unter Wasser nehmen und Lichtspiegelung aufzeigen.“ Ihre mit lockerer Hand und gestischem Pinselduktus gemalten Acrylbildern gleichen einer Hommage an Wasser und jeder Schwimmfan möchte sich sogleich in diese funkelnden Wasserlandschaften stürzen.
Katharina Müller alias Kamü präsentiert kleinformatige Zeichnungen aus der Serie „Floßtour“, die 2014 entstanden. Zusammen mit dem Künstler und Aktivist Heinz Ratz und seiner Band „Strom und Wasser“ war sie drei Wochen lang auf einem selbstgebauten Holzfloß unterwegs. Die Flußreise, die sie u.a. nach Köln und Düsseldorf führte, sollte auf die Situation von Flüchtlingen verweisen und machte in verschiedenen Flüchtlingslagern Halt. Noch heute erinnert sie sich an die Gefahren der Bootstour und setzt die hier empfundene Fragilität mit der Situation der Geflüchteten gleich.
Gabriele Böhmer rückt Fotos des schrumpfenden Schweizer Morteratsch-Gletschers in den Mittelpunkt. Manchmal steigt sie für die Fotoaufnahmen sogar in das „Gletscherloch“, obwohl das streng verboten ist. Diese Aufnahmen, die auf den ersten Blick ästhetisch erfreuen, verspüren zugleich eine gewisse Tristesse.
Trixi Mohns Ausstellungswand, die Künstlerin fungiert auch als Galeristin in der benachbarten Brückenstraße, wird von einem großformatigen Acrylgemälde dominiert. Es zeigt Schwimmer im Wasser aus der Vogelperspektive betrachtet. Eine warme, helle Palette prägt den fröhlichen Gesamteindruck. Abstrakt angedeutete Schwimmer erscheinen nicht als Individuen, sondern gleichen Noten einer Sinfonie. Jeder leistet seinen zielgerichteten Beitrag für die Wasserkomposition, die überaus spritzig daherkommt.
Larissa Kasten hat ein Flußbett, eine Collage, die sich aus vielen kleinen Wasserfotos zusammensetzt, inmitten des Raumes gelegt. Entstanden ist das Werk im Sommer, als sie Wasser und die sich spiegelnde Lichtreflexe fotografierte. „Es ist jetzt genau so, als würde man ins Wasser schauen“, sagt sie zu der Collage. Weniger lyrisch kommt dagegen ihre Installation „Eis“ daher. Da baumelt das Weltklima als eisummantelte Plastikflasche an einem Galgen. Unaufhörlich sehen und hören wir das Eis schmelzen, Tropfen für Tropfen.
Griseldis Schrecks Installation eines Aquariums lasst den Atem stocken. Keine lustigen Goldfische machen sich hier breit, stattdessen entdeckt man eine öde Plastiklandschaft. Ihr ökologischer Aufruf steckt den Finger in die Wunde auch gesellschaftlicher Debatten. Plastik als Material erscheint ihr einerseits „kostbar“, doch gefährdet die schwierige Entsorgung Menschen und Tiere.
Acrylgemälde von Veronique Bouclet-Völkel, die Landschaften mit Wasser in den Mittelpunkt rücken, und charmante Mixed-Media Arbeiten von Elsa Namy runden die abwechslungsreiche Auseinandersetzung mit Wasser in nahezu all seinen Erscheinungsformen ab.
Die Ausstellung „Wasser III“ ist noch bis einschließlich 18.12.2022 in der Ausstellungshalle Schulstraße 1A zu sehen. Weitere Informationen unter www.ausstellungshalle.info
Text und Fotos von Edda Rössler
Veröffentlicht am 15. Dezember 2022 in Frankfurter Neue Presse