Wonderwall: 30 Jahre Mauerfall.
2019, Berliner Mauerfall zum 30 Mal jährte . Auch aus diesem Grund folgte die Frankfurter Galeristin Kirsten Leuenroth der Anregung ihres Künstlers Jan Dörre, eine Werkschau zum Thema „Mauer“ zu veranstalten.
„Wonderwall zeigt Werke von sechs Künstlern, die das Thema höchst unterschiedlich interpretieren.
Was sie eint, ist ihre künstlerische Verbundenheit mit der Leipziger Schule, in der figurative Ansätze dominieren. Sie alle nutzen das psychologische Potenzial des Begriffs „Mauer“.
Sie kann trennen, schützen und ist auch Hemmschwelle, gegen die man rebelliert. Mit all diesen Interpretationen haben sich die Maler Daniel Behrendt, Jan Dörr, Eric Keller, Katrin Kunert, Matthias Ludwig und Johannes Rochhausen auseinandergesetzt. Bewußt wählte Leuenroth nicht den Titel „Mauer“.
So ist „Wonderwall“ vielleicht auch ein Bezug zum beschwingten Song der Band Oasis, der davon berichtet, dass ein imaginärer Freund zur Hilfe eilt. Der Titel passt: Wer durch die vielseitige und hochkarätige Ausstellung schlendert, fühlt sich inspiriert.
Jan Dörre interpretiert den Surrealismus neu
Der 1967 in Arnstadt geborene Jan Dörr verblüfft mit einer Reihe kleinformatiger Ölgemälde, die kurios uiert er eine Fülle nahezu vertrauter Gegenständen und Lebewesen, jedoch in ungewöhnlichem Zusammenhang. So kombiniert er eine Fruchtschale mit Feigen mit einem Frosch, im Hintergrund entdecken wir eine arkadische Landschaft und ein Gemälde, auch eine Wespe läuft durch das Bild und brennende Streichhölzer führen auf ins Bild hinein. Bleibt da noch eine abgeschittenes Kabel. Die Zeit steht hier merkwürdig still und wir fühlen uns wie in einem Drama, dessen Ausgang ungewiss ist. Seine surreal anmutenden Gemälde sind auch aufgrund der meisterlichen Handhabung von Perspektive und Schlagschatten ein Hingucker.
Eric Kellers verlasssener Theatersaal
Mit einer reduzierten Farbpalette, die zwischen Beige- und Brauntönen changiert und die in den aktuellen Werken zunehmend lichtdurchfluteter erscheint, zaubert der 1985 in Grimma geborene Eric Keller in großen Formaten Architektur und Landschaften auf das Bild. Er wählt dabei stets wohldosierte Ausschnitte, die ruhig und in sich versunken erscheinen. So gleicht die Darstellung eines ehemaligen, nun verlassenen Theatersaals mit schlichtem Aufgang zur Bühne einem Andachtsbilder, das den Betrachter in seinem Bann zieht.
Daniel Behrendt liebt die Abstraktion
Noch ruhiger und mit noch größeren Ausscnitten geht es in den Bildwelten von Daniel Behrendt zur Sache. In den Gemälden des 1980 in Stendal geborenen Meisterschülers von Karin Kneffel erkennen wir nur noch den Hauch einer Tür, eines Ziegeldaches oder eines Mauerwerks. So erscheint es nahezu logisch, dass er sich zur Abstraktion hinwendet. An den verblüffenden Farbübergängen und ernsthaften Schatten in Behrendts Werken kann man sich kaum sattsehen.
Katrin Kunert guckt durch das Schlüsselloch
Die 1962 in Leipzig geborene Meisterschülerin von Prof. Rolf Kuhrt lädt in kleinformatigen Bildern (Mischtechnik auf Leinwand) zum Blick durch das Schlüsselloch ein. Wir schauen durch Fenster und erkennen schemenhafte Gestalten und Interieur. Falls sich hier eine Person in dem Bildgeschehen verirrt, dann zumeist mit dem Rücken zum Betrachter. Kunerts Werke, zumal mit der Flüchtigkeit des Sujets, und haben Folgen beim Betrachter. Wir fühlen uns wie Flaneure, die durch verbotene Straßen schlendern und entdecken Szenen, die uns nicht gehören.
Matthias Ludwig und das Paar an der Mauer
Der 1969 geborene Brandenburger, Meisterschüler von Prof. Ulrich Hachulla, hat mit seinem Gemälde „Damals an der Mauer“ den direktesten Bezug zum Thema „Mauer“ gestaltet. Das kleinformatige Werk, Mischtechnik auf Hartfaser, arbeitet stilsitisch mit den Ausdrucksformen der Neuen Sachlichkeit. Es zeigt ein Paar, das in einer Pose erstarrt. Eine Frau zwängt den Mann spielerisch an eine Mauer. In welcher Beziehung die Beidnen stehen, dies bleibt dem Betrachter überlassen.
Johannes Rochhausen echte „Wonderwalls“.
Voller Spannung erscheinen die Werke von Johannes Rochhausen, dem ehemaligen Meisterschüler von Neo Rauch. Die zumeist großformatigen Gemälde (Öl auf Leinwand) zeigen Personen und ihre private Umgebung. Wenn er sich auf Interieur konzentriert, verweisen typische Einrichtungsgegenstände auf den Menschen, der hier lebt. Rochhausen ist ein Meister der Planung und seine Bildwelten sind genauestens komponiert. Das wissen auch die Menschen, die ihm Porträt sitzen. Sie müssen sehr geduldig sein. Bei Rochhausen sitzt man schon mal bis zu 48 Stunden Porträt. Dafür entstehen aber auch bei ihm echte „Wonderwalls“.
Die Ausstellung „Wonderwall“ ist noch bis zum 25. Januar 2020 geöffnet. Die Winterpause endet am 10. Januar 2020.