Zeichen der Zeit – Fotografien von Arne Schmitt prangern misslungene Stadtplanung an

Text und Foto: Edda Rössler

Am 1. Juli 2020 in leicht gekürzter Version in der Frankfurter Neuen Presse veröffentlicht

Eine 48teilige Serie mit zumeist kleinformatigen Schwarz-Weiß Fotografien von Arne Schmitt laden in der Frankfurter Galerie Jacky Strenz zum Rundgang durch die in der Kurt-Schumacher-Straße In Main Nähe gelegene Galerie ein. Der 1984 in Mayen geborene Fotograf hat sich mit dem Münchner Stadtviertel „Parkstadt“ künstlerisch auseinandergesetzt. Die Parkstadt, die ganz in der Nähe des pulsierenden Stadtviertel Schwabing liegt, hat er als „geschichtsloses Gebiet“ empfunden. Für ihn steht sie exemplarisch für eine fehlgeleitete Stadtplanung, wie sie in dieser Gestalt auch in anderen deutschen Städten stattfand. „Das sind Viertel, die seit dem 19. Jahrhundert existieren und immer wieder umgebaut werden“, berichtet die Galeristin Jacky Strenz. „Jede Zeit, jede Epoche drückt ihren eigenen Stempel auf.“

 

Bei flüchtiger Betrachtung der Fotografien des in Köln lebenden und arbeitenden Künstlers beindruckt zunächst die ästhetische Qualität der Arbeiten. Die abgebildeten Szenen, zumeist Straßenschilder, Firmenlogos und Architekturen, präsentieren sich in Bildausschnitten, in denen Perspektiven und Strukturen eine wohlfeile Balance bilden. Doch bei näherer Betrachtung irritiert gerade das Perfekte, das sich rasch in Unwohlsein verwandelt, weil es allzu steril und unpersönlich daherkommt. Schon bald sehnt man sich nach dem Schrägen und Spontanen und Flüchtigem. Wir vermissen Spuren der Zeit, die dazu beitragen können, sich zuhause zu fühlen. Stattdessen walten nüchterne Großkonzerne und allein wirtschaftliche Belange geben den Ton an. Das Individuum und seine Bedürfnisse sind nur kleine Zahnräder, die großangelegte Wirtschaftsprozesse am Laufen halten. „Es geht um Neoliberalismus und um Gentrifizierung“, kommentiert Jacky Strenz.

 

Ich wollte wissen, wie der Umbau des Viertels nach den 90er Jahren stattfand“, erläutert

Arne Schmitt. Ihn faszinierte die „rigide Geplantheit des Viertels an einer so zentralen Stelle in einer Stadt wie München und was da dann so herausgekommen ist.“ Sein Fazit steht fest: „Die rund 46 Hektar verwandelten sich in eine Ansammlung hochkarätiger, kapitalträchtiger Firmen mit einigermaßen lieblos dazugesetzten Wohnstraßen.“ Genau diese Erfahrung spiegeln die Fotografien Schmitts wider. Man erkennt präzise, auf eine monotone Ewigkeit hin ausgerichtete Wort-Bildmarken von Global-Playern wie etwa die von Fujitsu, Microsoft und Amazon. Dagegen wirkt der Schriftzug des Münchner Sozialreferats mit Stadtjugendamtes und der städtischen Kinderkrippe unbeholfen, wie von Kinderhand gekraxelt.

 

Seine Eindrücke, darauf legt Schmitt Wert, wollte er nur in Schwarz-Weiß-Fotografien ausdrücken. Denn mit dieser Ausdrucksform werde „Zeitigkeit weniger konkret“. Bei Farb-Fotografien dagegen lasse sich die Entstehungszeit vermuten und der Betrachter achte eher auf die abgebildeten Gegenstände. In der Schwarz-Weiß-Fotografie dagegen trete der Gesamtzusammenhang in den Vordergrund.

Auch das missfiel bei der Bewertung des „geschichtslosen Viertels“: Die Hauptstraßen wurden nach männlichen Bauhaus-Künstlern benannt, während den Bauhaus-Künstlerinnen nur die Nebenstraßen gewidmet sind.

Da darf man sich freuen, dass sich die Ausstellung in unmittelbarer Nähe zum Stadtplanungsamt der Stadt Frankfurt am Main befindet. Ein Betriebsausflug, der gewiss zur Diskussion um moderne Stadtplanung führt, sei empfohlen. Doch auch alle Frankfurter Bürger, die über die Entwicklung in unserer Stadt nachdenken, finden hier Gesprächsstoff.

 

Die Ausstellung „Arne Schmitt – Zeichen der Zeit – Zur Geschichte eines geschichtslosen Gebiets genannt Parkstadt Schwabing, 2019“ ist noch bis zum 26. Juli 2020 geöffnet.

Weitere Informationen unter www.jackystrenz.com

Foto der Galeristin Jacky Strenz und des Fotografen Arne Schmitt von Edda Rössler

Alle anderen Fotos © Galerie Jacky Strenz